Partnerstadt Leipzig

Gestern wurde in Leipzig das gefeiert, was wir Schachspieler durch unseren unscheinbaren Einsatz vorbereitet hatten: die friedliche Revolution. Für die 200 geladenen Gäste gab es ein Drei-Gänge-Menü. Vorspeise: Fläminger Reh-Parfait und Käse vom Landgut Nemt, Hauptgang: Steinbuttfilet auf Kürbis-Ingwermousseline, Dessert: Leipziger Lerche auf Waldbeerenragout. Anno 1988 gab es Grünkohl im Ratskeller Hannover. Leipzig hatte eine 6-köpfige Schachauswahl nach Hannover geschickt. Das war ein außergewöhnliches Ereignis. Niemand ahnte, dass sich das deutsch-deutsche Verhältnis alsbald radikal ändern würde. Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg ließ es sich nicht nehmen, die Leipziger Delegation zu begrüßen. Gespielt wurde im Gobelinsaal des Neuen Rathauses. Da darf nicht jeder hinein. Frank Palm hat darüber einen lesenswerten Artikel (siehe Galerie) geschrieben, der am 22.12.1988 in der HAZ veröffentlicht wurde. Zu dem Artikel gehören die Fotos von Norbert Müller (Leipzig) und Peter Panzer (Hannover). Wir konnten einen knappen Sieg mit 3,5:2,5 Punkten verbuchen. Aber das war nebensächlich. Frank Palm formulierte es so: „Das positive Bild von der Weltoffenheit der Sachsen wurde bestätigt, während das Klischee von den steifen Hannoveranern eine erneute Widerlegung fand.“

Hannover-Leipzig Dezember 1988 – die Einzelergebnisse:
1. Panzer, Peter               ½  Trescher, Manfred
2. Mende, Andreas        1-0  Heinsohn, Günther
3. Cablitz, Achim           0-1  Müller, Norbert
4. Streich, Gerhard       1-0  Broberg, Horst
5. Herrmann, Andreas  ½  Kuhn, Udo
6. Naumann, Frank       ½  Gempe, Thomas

Leipzig-02Als wir ein Jahr später in Leipzig zum Rückkampf antraten, sah die Welt schon anders aus. Die DDR befand sich in der Auflösung. Das Hartgeld bestand noch aus Alu-Chips, aber unsere westdeutschen Münzen wurden gern genommen. Als ich einer Klofrau im Leipziger Hauptbahnhof ein Markstück auf den Teller legte, sah sie mich an, als sei ich der Heiland. Unsere Mannschaft bestand ausschließlich aus Spielern unseres Vereins. Einzelergebnisse sind mir leider abhanden gekommen.

 

 

Joachim Just anno 2014
Joachim Just anno 2014

Wimpel waren in der DDR sehr beliebt. Ich bekam diesen von der BSG Lok Leipzig. Aus dem SV Lok Leipzig-Mitte wurde im Jahr 2011 nach der Fusion mit dem SC Leipzig-Gohlis ein Großverein mit über 200 Mitgliedern. Die haben derzeit 2 Frauen-, 11 Männer- und 10 Jugendmannschaften. Ob solch eine Vereinsgröße zweckmäßig ist, will ich an dieser Stelle nicht beurteilen. Joachim Just hat jedenfalls das Weite gesucht und spielt jetzt beim SV Motor Zeitz.  Wie ich bereits an anderer Stelle berichtet habe, übernachtete ich 1989 bei Joachim in Leipzig. – 1990 kam es zum Rückkampf in Hannover. Danach gab es meines Wissens keine weiteren Begegnungen zwischen Leipzig und Hannover. Das Leben hat sich normalisiert.

Einen sensationellen Fund aus meinem Archiv möchte ich euch noch zeigen. Bereits im Jahr 1957 gab es einen Freundschaftskampf zwischen der BSG Lok Leipzig und unserem Verein (damals Schachfreunde Badenstedt). Wer hätte gedacht, dass das damals überhaupt möglich war?

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