Niedersächsische Landeseinzelmeisterschaften 1947-1964

Vor knapp 50 Jahren wurden die Landesmeisterschaften im Gildehaus zu Lüchow ausgetragen. Damals nannte sich die Veranstaltung noch Osterkongress. Der Kongress fand vom 21. bis 28. März 1964 statt. Landesmeister wurde Dieter Weise vor Manfred Heilemann (beide HSK). Mittlerweile hat Manfred seinen Altersruhesitz in unseren Verein verlegt. Über diese Meisterschaft hat der Schachfreund Kurt Pfaff mit viel Liebe ein Bulletin verfasst. – Wer eine elektrische Schreibmaschine hatte, konnte stolz sein. Meistens wurde mit mechanischen Maschinen geschrieben. Auf einer solchen habe ich auch klassisch (blind!) mit 10 Fingern gelernt. Mit den kleinen Fingern musste man links oder rechts die Shift-Taste drücken. Bei den mechanischen Maschinen hieß das, den Papierträgerwagen mit der Muskelkraft des kleinen Fingers anzuheben. Das war hart. Kopiergeräte gab’s noch nicht, deshalb wurde das Geschriebene meistens auf Matrizen vervielfältigt. Die Anzahl der Abzüge war begrenzt (max. 250), weil die Matrizen nicht mehr hergaben. Einer dieser Abzüge vom Bulletin aus dem Jahre 1964 ist meinem Besitz.

Vermutlich bin ich einer der wenigen, wenn nicht der einzige, der dieses Dokument aufbewahrt hat. Es ist insofern von herausragendem Wert, weil Kurt Pfaff über die Meisterschaft 64 hinaus sämtliche Landesmeisterschaften der Nachkriegszeit von 1947 bis 1964 aufgelistet hat, und zwar jedes Meisterturnier mit allen Teilnehmern und Ergebnissen. 91 Schachspieler haben in den 18 Jahren an den Meisterturnieren teilgenommen. Die meisten sind längst verstorben, so auch Kurt Pfaff. Seine akribische Arbeit schließt mit folgenden Worten:

„Ich habe dies alles niedergeschrieben, damit es eine möglichst weite Verbreitung finde und nicht im Laufe der Zeit in Vergessenheit gerate.“    Kurt Pfaff

Den Gefallen möchte ich ihm hiermit tun. Das Internet ist eine Matrize, die eine unendliche Verbreitung ermöglicht. Erinnerungen fördern das Bewusstsein für die Gegenwart. Dafür sollten wir Menschen wie Kurt Pfaff dankbar sein.

2 Gedanken zu „Niedersächsische Landeseinzelmeisterschaften 1947-1964“

  1. Sehr schöner Beitrag!
    Da werden Erinnerungen wach. Die Schachspieler Hohlfeld, D.Stern und vor allem Heilemann (der noch weitere 5 Landesmeistertitel sammeln sollte) verbinde ich mit meinen ersten schachlichen Eindrücken aus dem Jahr 1982 als Zuschauer der Mannschaftskämpfe der 1. Mannschaft des HSK im Künstlerhaus.
    Auch die damalige 82er Klubmeisterschaft des HSK sah im Meisterturnier neben den 3 genannten Spielern auch die Herren Spanier, Juhnke und der in anderen Beiträgen genannte Buzbuchi.
    Seinerzeit spielten in 4 Gruppen 44 Spieler bei der Klubmeisterschaft mit. Das waren noch Zeiten…

  2. Osterkongress 1964 im Gildehaus Lüchow

    Nun sind seit dem Osterkongress in Lüchow genau 60 Jahre vergangen. Im selben Jahr begann meine Mitgliedschaft bei den Schachfreunden Badenstedt und damit im Deutschen Schachbund. In Lüchow war ich noch nicht dabei, aber ich besitze das Bulletin von Kurt Pfaff (siehe Ausschnitte oben). Welche Rolle spielten Frauen damals in der niedersächsischen Schachszene? Kurt Pfaff gab folgende Antwort:

    Nicht sehr gut bestellt ist es leider um die Damen. Mit nur vier Spielerinnen war das TURNIER der DAMEN schwach, ach, viel zu schwach besetzt! Obendrein musste Fräulein Hoose aus Bremen heraneilen. Sie ist freilich bei der Post Hannover gemeldet. Mit 5 Punkten aus 6 Partien wurde Frau Dorothea Hensel aus Stadthagen zum dritten Male hintereinander Niedersachsenmeisterin. Ich lege besonderen Wert darauf, daß sie zum dritten Male sich in den Sattel schwang. Vor ihr glückte das noch keiner unserer Damen. Mit einem halben Punkt folgte ihr Fräulein Hoose. Fräulein Heimberg aus Wennigsen/Deister, ein noch blutjunges, sehr bescheidenes Mädchen, erreichte zwar nur 1,5 Punkte, aber sie muss dann nur einmal richtig in die Geheimnisse unseres Spieles eingeweiht werden; […] Wenn so wenig Damen erscheinen, liegt es nicht vielleicht auch ein wenig an uns, den Männern? Wir stürzen vom Saale, in dem die Meister kämpfen, an die Bretter der Vormeister, von denen der Meister wieder, zwischendrein verweilen wir ein wenig dort, wo die Jugend sich tummelt, an die Damen aber denken wir nicht…

    Amüsant geschrieben aus der Sicht eines Mannes. Heute würde man Macho sagen. Unverheiratete Frauen hießen noch Fräulein, und blutjunge Mädchen mussten in die Geheimnisse eines Männersports eingeweiht werden. An die Damen dachten wir Männer laut Kurt Pfaff nicht, es sei denn, sie standen auf dem Schachbrett. Immerhin durften Frauen mitspielen. Anders sah es im Fußball aus. Es sollte noch 6 Jahre dauern, bis das Frauenfußballverbot hierzulande aufgehoben wurde. – Bei diesem Rückblick ist mir aufgefallen, dass das Gildehaus in Lüchow als Veranstaltungshaus nach wie vor einen hohen Stellenwert hat. Guckt ihr die Homepage. Vom gemütlichen Geburtstag bis hin zur rauschenden Hochzeit stehen Räume bereit. Einen Schachclub hat Lüchow nicht. Der nächste befindet sich in Dannenberg.

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