1985 – Abriss einer geplatzten Fusion

Das Jahr 1985 hatte es in sich: das „Vier-Bundesländer-Kind“ wurde geboren, das Bobbele gewann erstmals in Wimbledon, und der erste Minister der Grünen wurde vereidigt. Joschka Fischer in Turnschuhen und Jeans. In Hessen war’s. Die Schachfreunde Hannover waren 35 Jahre alt und hatten so etwas wie eine Midlife-Crisis. In solchen Fällen sehnt man sich nach einem Umbruch. Der sollte auf der Jahreshauptversammlung besiegelt werden.

Das Protokoll der Jahresversammlung vom 14. Juni 1985 hatte Erwin Kusche verfasst. Es umfasste 4 DIN-A4-Seiten und endete mit den Worten: „Die Unterzeichneten geloben außerhalb des Protokolls, nie wieder so viel über ein JHV zu schreiben!“

Unter TOP 2 gab es einen Abriss zur Vereinsgeschichte der letzten sieben Jahre. Ein Flop war der Einzug in das Clubhaus des TKH im August 1982:

„Unsere Hoffnungen trogen auf der ganzen Linie. Kein TKH-Mitglied zeigte sich am Schachspielen interessiert, die Restauration war meist geschlossen, unsere Jugend wurde als störend empfunden. Der schmucklose Raum wurde nicht renoviert. Die Sonntagsspiele wurden zum Problem, weil immer öfter der Hausmeister nicht kommen konnte oder ein zu hoher Stundenlohn verlangt wurde. Viel Unlust machte sich breit und erfasste auch den Vorstand.“

Es erfolgte der Umzug in das 100 m entfernt gelegene „Haus der Jugend“. Nichtsdestotrotz stand die Fusion mit dem SK Anderten auf der Tagesordnung. Der SK Anderten war 1922 gegründet und als ausgesprochener Arbeiterverein in der Nazi-Zeit verboten worden. Nach der Neugründung 1950 hatte der Verein besonders anfangs der 70er Jahre schöne Erfolge und gehörte zu den spielstärksten Vereinen im Bezirk. In den letzten vier Jahren war es jedoch trotz aller Bemühungen abwärtsgegangen. Die Fusion sollte beiden Vereinen die Aufstellungssorgen nehmen. Der Freitagsspielabend sollte im „Sporthaus am Kanal“ in Anderten stattfinden. Das Sporthaus liegt recht abgelegen und kann nur über einen beschrankten Bahnübergang erreicht werden. Der wurde unserem 1. Vorsitzenden, Dr. Hans Wiehler, einmal fasst zum Verhängnis, als sein Auto auf den Bahngleisen stehenblieb.

Die Fusion wurde nach hitziger Diskussion mit 16 Ja-, 4 Nein-Stimmen und 9 Enthaltungen angenommen. Der Jahresrückblick sah dann so aus:

„Trotz vieler Widerstände bis hin zu persönlichen Anfeindungen gelang es den Verantwortlichen schließlich, eine breite Mehrheit zumindest für ein Jahr Probezeit von diesem Vorhaben zu überzeugen, so daß zum 1. Juli 1985 durch Fusion die Schachfreunde Hannover-Anderten entstanden. Unsere Erwartungen wurden in der Folgezeit sowohl im Positiven wie im Negativen weit übertroffen.“

Ein Jahr später platzte die Fusion. Der NSV hatte aus formellen Gründen etwas dagegen. Die beiden Vereine hatten u.a. getrennte Kassen behalten. Das geht nun gar nicht. Fortan gingen der SK Anderten und die Schachfreunde Hannover getrennte Wege. Die wenigsten haben das bereut.

Jede Ähnlichkeit mit real existierenden und/oder geplanten Fusionen ist rein zufällig. Von zeitloser Gültigkeit ist jedoch folgender Mahnruf des damaligen Spielleiters, Werner Zoch, im Jahresrückblick von 1985:

„Ein Verein kann nur bestehen, wenn zumindest ein Großteil seiner Mitglieder aktiv mitarbeitet. Auf Mitglieder, deren Beitrag lediglich darin besteht, unregelmäßig (und oft erst nach mehrmaliger Aufforderung) an den Mannschaftskämpfen teilzunehmen, zu denen sie am liebsten noch von zu Hause abgeholt werden wollen, die noch unregelmäßiger ihre Vereinsbeiträge bezahlen, aber dafür hin und wieder mal eine Schachuhr mit nach Hause nehmen, die dann am Vereinsabend fehlt, können wir jedenfalls verzichten.“