Otto Borik

Unser nächstes Heimspiel in der Oberliga werden wir gegen die SG Bremen bestreiten. Am 1. Brett spielt IM Otto Borik. Die jüngeren unter euch werden mit dem Namen vermutlich nicht viel anfangen können. Für mich ist die Begegnung ein Anlass, wieder nostalgisch zu werden. Dazu habe ich den Ingo-Spiegel des Deutschen Schachbundes aus dem Jahr 1980 hervorgeholt. Ingo-Zahlen waren die Vorläufer der DWZ-Zahlen. Damals lief die Auswertung nicht so professionell wie heute – Personal-Computer gab es noch nicht –, aber im Großen und Ganzen spiegelten sie die Leistungsstärke der deutschen Schachspieler wider. Mit einer Ingo-Zahl von 47 (je kleiner desto besser) lag Otto Borik auf dem 7. Platz der Bestenliste noch vor GM Wolfgang Unzicker. Ein Jahr später war er sogar auf den 4. Platz geklettert; lediglich die Großmeister Robert Hübner, Lothar Schmidt und Helmut Pfleger lagen vor ihm.

Otto Borik ist gebürtiger Tscheche. Anfang der siebziger Jahre kam er nach Deutschland, nahm die deutsche Staatsbürgerschaft an und wurde bis 1984 in Bochum sesshaft. Dort eilte er von Erfolg zu Erfolg. Er spielte am 1. Brett der SG Bochum in der Bundesliga, wurde NRW-Meister, Deutscher Blitzmeister und Nationalspieler. Zweimal nahm er an Schacholympiaden teil: 1978 in Buenos Aires und 1980 in Malta.

Im Jahr 1979 kam mir eine doppelte Ehre zuteil. Zum einen, den Landesverband Niedersachsen am 1. Brett zu vertreten und zum anderen, gegen Otto Borik anzutreten. Wie ihr dem Ingo-Spiegel entnehmen könnt, war ich damals mit Horst-Peter in der Rangliste weit oben platziert. In Ibbenbüren kam es zum Freundschafts-Länderkampf zwischen Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Zwei Partien waren angesetzt, jeder Spieler hatte somit einmal Weiß und einmal Schwarz. In der ersten Partie hatte ich Weiß. Es gelang mir mühelos, die Partie ausgeglichen zu halten, und so endete sie nach 27 Zügen ohne nennenswerte Höhepunkte mit einem Remis. Die Partie könnt ihr im Kommentar nachspielen. Mit den weißen Steinen hat mich Otto Borik indes an die Wand gespielt, weil er eine Variante in der Sveshnikov-Verteidigung besser kannte als ich. Da, wo meine Vorbereitung endete, wusste er – zu meinem Nachteil – die richtige Fortsetzung.

Im selben Jahr dieser beiden Partien brachte Otto Borik das Schach-Magazin 64 auf den Markt. Von dieser Absicht hatte mir erstmals Helmut Reefschläger berichtet. Helmut konnte sich nicht vorstellen, dass man eine zweiwöchentliche Schachzeitung für einen geringen Kaufpreis wirtschaftlich verlegen kann. Anscheinend hat es dennoch geklappt. Das Magazin 64 gibt es immer noch, und ich bin stolz darauf, ein Abonnent der ersten Stunde zu sein. Seit 35 Jahren weiß ich die Qualität dieser Schachzeitung zu schätzen. Dass sie so ist, wie sie ist, ist ein Verdienst von Otto Borik. Die unentwegte Arbeitsbelastung hat sicher dazu beigetragen, dass seine Spielstärke abgenommen hat. Mittlerweile ist er auf den 695. Platz der deutschen Rangliste abgerutscht. Das ist kein Grund, ihn zu unterschätzen. Von Boriks Erfolgen und seinem aktuellen Listenplatz können wir nur träumen. Unser 1. Brett wird dennoch selbstbewusst antreten, gleichwohl, ob Otto Borik oder jemand anders der Gegner sein wird.

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Ergänzung am 25.09.2015

Ibbenbüren 1979 Länderkampf Otto Borik (NRW) – Gerhard Streich (Niedersachsen)
Ibbenbüren 1979 Länderkampf Otto Borik (NRW) – Gerhard Streich (Niedersachsen)

5 Gedanken zu „Otto Borik“

  1. Otto Borik feiert heute seinen 68. Geburtstag. Die Info habe ich von der Webseite des DSB. In meinem Beitrag vom 08. Januar 2014 hatte ich sozusagen sein Lebenswerk gewürdigt. Heute möchte ich ihm mit einem Foto gratulieren, auf dem wir beide zu sehen sind. Dafür habe ich meinen Beitrag ergänzt. Das Foto wurde anlässlich des Länderkampfs Niedersachsen – NRW 1979 in Ibbenbüren aufgenommen. 36 Jahre ist es her. An der aktuellen Haarfarbe unserer Häupter könnt ihr die Zeitspanne verifizieren.

    Ich hatte die große Ehre, Niedersachsen am 1. Brett zu vertreten. Otto war damals die Nummer 7 in Deutschland-West (Ingo 47) und ich die Nummer 5 in Niedersachsen (Ingo 76) knapp vor Horst-Peter (Ingo 78). Wenn ich mich nicht irre, ist auf dem Foto unten links Horst-Peters Pfeife zu sehen. Sowas war damals am Brett erlaubt.

    Herzlichen Glückwunsch Otto!

  2. Ja Uwe. Nun weiß ich nicht, wofür ich mich mehr entschuldigen muss: für die Misshandlung des Sveshnikov oder für die scheußliche Tapete im Hintergrund. – Der Länderkampf wurde an zwei Tagen mit Hin- und Rückrunde ausgetragen. Am ersten Tag konnte ich mit Weiß in einer ereignisarmen Partie locker Remis spielen (siehe oben). Als ich Schwarz hatte, zeigte mir Otto Borik den Klassenunterschied. In einer selten gespielten Theorievariante der Sveshnikov-Verteidigung kannte ich mich bis zum Ende aus. Dann war ich allerdings auch mit meinem Latein am Ende. Gnadenlos zertrümmerte Otto meine Königsstellung. Im Anschluss zeigte er mir, wie ich die Partie im Gleichgewicht halten konnte. Ich hätte einen isolierten Triple-Bauern in der f-Linie in Kauf nehmen müssen. Darauf musst du während der Partie erstmal kommen!

    Die Partie kann ich euch nicht zeigen. Das Partieformular habe ich anschließend in Salzsäure aufgelöst. – Neben solchen Pleiten konnte ich mit Svesnikov viele Erfolge feiern. Dass man auch mit Weiß schnell unter die Räder kommen kann, zeigt diese Kurzpartie aus der damaligen Zeit: (Software nicht mehr aktiv)

  3. Unsere Glückwünsche gehen heute nach Bremen. Otto Borik feiert seinen 70. Geburtstag! – Vor drei Jahren habe ich ihm einen Beitrag gewidmet (siehe oben). Auf ChessBase findet ihr aktuell ein Interview mit ihm: http://de.chessbase.com/post/otto-borik-feiert-70-geburtstag

    Diesen kleinen Auszug möchte ich hervorheben:

    „In meinen jungen Jahren spielte ich in Mannschaften, wo groß diskutiert wurde, wer am ersten Brett spielt oder wer vor wem aufgestellt werden soll. Das ist mir heute sowas von egal und nach meiner Einschätzung auch für meine Mannschaftskameraden kein großes Thema.“

    Diese Aussage passt zu meiner (siehe NSV-Kongress 2017). Alte Herren werden bekanntlich immer weiser. Oder engstirniger. Die trifft man dann auf Montags-Demos. Auf Ottos „Altherrenmannschaft“ treffen wir wieder am 10. Dezember 2017. Wie unsere Begegnung zu Beginn dieses Jahres ablief, könnt ihr euch hier noch einmal angucken: http://www.schachfreunde-hannover.de/die-erste-erfolgreich-in-der-oberliga/

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