Sommerloch

Es gab Zeiten, da hat Horst-Peter jeden gefragt: „Wer ist größer? Ein kleiner Riese oder ein großer Zwerg?“ Eine Antwort bekam er nie. – Pluto sei der größte bekannte Zwergplanet, sagen die Wissenschaftler. So wundert es nicht, dass Journalisten von einer „Zwergplaneten-Mission“ sprachen, als die NASA-Sonde „New Horizons“ nach 9 Jahren Flugzeit unserem kleinen Bruder die Aufwartung machte. So sehen also Zwerge aus! Nichtsdestotrotz hat Pluto vier Monde, drei mehr als unsere Erde. Einer davon heißt „Nix“. Nomen est omen. Naja, wenn ich Pluto wäre, würde ich angesichts der Diskriminierung lauthals bellen.

In der SPD bellen einige Genossen über die Selbstverzwergung, die ihre Partei derzeit durchmacht. Die dräuende vierte Amtszeit unserer Kanzlerin lässt das Selbstbewusstsein schrumpfen. „Selbstverzwergung“ ist das Stichwort für meinen heutigen Beitrag. Ich verzwerge mich mal selbst; zumindest für den August 2015. Dieser Beitrag wird mein einziger in diesem Monat bleiben. Damit tut sich das auf, was wir alle zugleich fürchten und lieben: das Sommerloch. Ihr könnt es entweder selbst füllen oder einfach entspannen.

Für diejenigen, die nun hilflos vor dem Sommerloch stehen, habe ich eine hübsche Schachaufgabe aufgespürt. Ich hatte sie bereits in der allerersten Ausgabe unserer allerersten Schachzeitung namens „Schachkurier“ veröffentlicht. Das war Anfang 1970. Es soll Schachfreunde geben, die seitdem noch immer an der Lösung tüfteln. Versucht es bitte ohne fremde Hilfe. Ihr werdet eure Freude haben.

Matt in vier Zügen

Gerald Sladek aus Schachdelikatessen, von Kurt Richter, Berlin 1961
Gerald Sladek aus Schachdelikatessen, von Kurt Richter, Berlin 1961

8 Gedanken zu „Sommerloch“

  1. Der kleine Riese ist größer als der große Zwerg. Um in die Kategorie Riese zu kommen must du eine bestimmte Mindestgröße haben. Das Attribut groß oder klein ist dagegen von geringerer Bedeutung.

    1. „Frag doch mal die Maus!“ Und siehe da: Die Riesenmaus ist größer als der Zwergelefant. Dass es Riesenzwerge tatsächlich gibt, wurde mir kürzlich bewusst, als ich im Standardwerk des NOK über die Olympiade 1968 in Mexiko blätterte. Die Rede ist von den Bantam-, Feder-, Leicht- und Mittelgewichtlern, die zwischen 56 und 67,5 Kilogramm schwer sind und das Zweieinhalbfache ihres Körpergewichts zur Hochstrecke bringen, wobei keiner von ihnen mehr als 1,65 Meter misst.

      Einen Teil dieses wundersamen Artikels muss ich wörtlich zitieren:

      „Die Riesenzwerge – Da steht ein Mensch und hebt Eisen in die Luft. Er sieht so aus, wie man es aus dem Inserat für Bodybuilding kennt. Der Zuschauer empfindet Bewunderung für Männerschönheit und Männerkraft (Anmerkung: Frauenschönheit und Frauenkraft waren in Mexiko noch nicht en vogue). Nach einiger Zeit vollzieht sich nun an ihm jener unerklärliche Vorgang, bei dem sich die Pupille von der Phantasie bluffen lässt: unter dem Eindruck der schwellenden Muskeln, der hervortretenden Adern, der gewaltigen Eisenlast, signalisiert die Pupille ihre Wahrnehmung dem Bewusstsein in übertreibender Weise. Der Zuschauer verliert den Sinn für Größenordnungen, und sieht den Athleten herkulisch und immer herkulischer.“

      Herrlich! Die Pupille lässt sich von der Phantasie bluffen! Welcher Schachspieler träumt nicht davon, den herkulischsten Verstand unter all den Patzern zu haben!? – Zu meinen Lieblingssportarten gehört Dressurreiten. Sagen euch die Namen „Mariano“, „Dux“ und „Piaff“ etwas? Nein!? Das waren Dressurpferde. Die drei gewannen für Deutschland-West in Mexiko die Goldmedaille in der Mannschaftswertung der Dressurreiter. Okay, die Namen der Reiter sind uns bis heute im Gedächtnis geblieben: Josef Neckermann, Dr. Reiner Klimke und Liselott Linsenhoff.

      Das teuerste Dressurpferd aller Zeiten heißt „Totilas“. Vor gut zwei Wochen musste es seinen Dienst quittieren. Das Schicksal von „Fury in the Slaughterhouse“ bleibt ihm erspart, aber was ist ein Leben als Deckhengst, wenn der eigene Samen fortan zum Schleuderpreis verhökert wird?

      Die HAZ ist wie immer am Puls der Zeit. Im heutigen Sportteil werden wir bestens informiert. Kennt ihr „Figo“? Gemeint ist nicht der ehemalige portugiesische Fußballstar, sondern das Pony, mit dem Frauke W. aus I. niedersächsische Vizemeisterin in der Pony-Einspännerwertung wurde. Wow! Sie kam auf 14,14 Strafpunkte in der kombinierten M-Wertung. Nochmal: Wow! Wenn einheimische Schachspieler Strafpunkte bekommen, gibt’s eine Null in der Tabelle. Bloß darüber schweigen die Gazetten.

      1. Das Kreta-Zwergmammut war der kleinste jemals lebende Elefant mit ca. 1,10 Meter Schulterhöhe. Die größten Ratten dagegen erreichen gerade die Größe einer Hauskatze.

        Der kleine Riese ist eben doch größer als der große Zwerg.

      2. Nichts ist unmöglich. Ich sehe das mit den Augen von Peter Pan. Nun bin ich so alt geworden und bin stolz darauf, nie erwachsen geworden zu sein. „Die Phantasie ist ein ewiger Frühling.“ (Friedrich Schiller)

  2. …weshalb es auch „Club langer Menschen“ heißt, gelle?!?

    Was fällt mir spontan zur Aufgabe ein?
    Riecht nach ZUGZWANG….
    Teilziele wären
    1) Df6 (f-Bauer blockieren)
    2) a-Bauern blockieren
    3) Tg8 zieht (xf8)
    4) Dxg7 matt
    Geht bereits in 3(!) Zügen…

    Aber – ohweh. Die schwarzen Bauern ziehen nach unten!
    Also doch in der Tat eine fiese Delikatesse 😀

  3. Ich mach‘ mal den Pofalla: „Meine Damen und Herren, hiermit erkläre ich das Sommerloch für beendet.“

    Obwohl während des Lochs nicht ein einziger Beitrag oder Kommentar veröffentlicht wurde, hatten wir in der Zeit rund 18.000 Besucher. Die will ich nicht länger auf die Folter spannen. Hier ist die Lösung der Schachaufgabe:

    1.Kf7! (Wunderschön!) 1…h2 [1…Txc1 2.Dxb2++]
    2.Le7 Txc1 [2…h1D 3.Da5+ Ta2 4.Dxa2++]
    3.Lf6 Tb1 (Jetzt wird der Sinn des Schlüsselzugs deutlich. Da sich der König hinter seinem Läufer versteckt hat, kann er nicht durch ein Turmschach gestört werden.)
    4.Da5++

    Diese Schachdelikatesse ist eine der schönsten, die ich je verkostet habe.

  4. Kennt ihr den kategorischen Imperativ der Stilistik?

    Entscheide dich stets für die beste Formulierung, mache aber nicht mehr Worte als nötig!

    Daran musste ich denken, als ich heute Morgen mein Horoskop in einer norddeutschen Tageszeitung las:

    Ungeahnte Ereignisse, die heute geschehen können, beanspruchen Denkweisen, die, bis jetzt zumindest, nicht notwendig waren. Doch schlimm wäre das nicht: Es erweitert Ihren Horizont.

    Folgendes Sprichwort hätte es auch getan: Ein gebranntes Kind scheut das Feuer.

  5. Gruß aus Österreich

    Vor acht Jahren gab es ein Sommerloch. Das konnte ich mit einer wunderschönen Schachkomposition von Gerald Sladek füllen (guckt ihr oben). Jetzt hat sich ein echter Österreicher zu Wort gemeldet: Peter Siegfried Krug. Sein Kommentar lautet:

    Gerald Sladek´s Schachprobleme, die auf einer oberösterreichischen Webseite demonstriert werden war der Grund, dass ich wieder nach vielen Jahren mit der Schachkomposition anfing. Seine stillen und rätselhaften Zügen sind sehr beeindruckend.

    Sehr schön. Nichts geht verloren. Nur die Zeit.

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