Spielervereinbarung

Robert Hübner ist ein Genie. Da die Schachwelt überwiegend aus Banausen besteht, wird sie nicht verstehen, was er mit seinem Offenen Brief bezweckt, der gestern im Schachticker veröffentlicht wurde. Ich bin kein Genie, unwesentlich jünger als Robert Hübner und zähle mich zu den Menschen, die sich ihr Feingefühl bewahrt haben. Insofern verstehe ich sein Anliegen voll und ganz. Die Spielervereinbarung für die 2. Bundesliga ist ein typisch deutsches Instrument der vermeintlichen Rechtssicherheit oder um es mit Wladimir Kaminer auszudrücken: Woanders werden an der Gardinenstange und am Waschbecken ein paar Schrauben gespart, in Deutschland wird jede Schraube ordentlich festgezogen. Sollte jemals ein Meteorit auf die Erde knallen, bliebe nur in Deutschland alles wie es ist. Weil festgeschraubt.

Die Diskussion um die Spielervereinbarung sei ein alter Hut, könnte man meinen, da sie bereits im April/Mai 2015 eingeführt wurde. Damals mit der Folge, dass sich der Godesberger SK aus der 2. Bundesliga West zurückzog und die Liga in der Saison 2015/16 nur mit 9 Mannschaften gespielt wurde. In dieser Saison ist Robert Hübner am 1. Brett des SC Siegburg in der 2. BL West gemeldet. In den drei bisherigen Runden ist er nicht angetreten. Vermutlich aus dem Grund, dass er sich weigert, die Spielervereinbarung zu unterschreiben.

Hübners Offener Brief enthält einen bemerkenswerten Satz:

Längst ist in unserer Gesellschaft die Einsicht abhanden gekommen, daß ein sinnvolles Miteinander nur auf der Basis gegenseitigen Vertrauens möglich ist.

Wie wahr! Diese Entwicklung zeigt sich nicht nur in dieser völlig überzogenen Spielervereinbarung, sondern in vielen Bereichen unserer Gesellschaft. Die Auseinandersetzungen an der Führungsspitze des DSB sind ein Beleg dafür. Ich kann mich jedenfalls an Zeiten erinnern, als das Königliche Spiel im Vordergrund stand und nicht die Förderung des Misstrauens. – Die Jüngeren werden vermutlich mit den Achseln zucken, weil sie alles unterschreiben, was dem Eigennutz dient. Die hehren Werte verschwinden in den Hintergrund. Einen Hoffnungsschimmer habe ich dennoch: Die Solidarität der Deutschen Schachjugend mit ihrem geschassten Geschäftsführer. Möge die Jugend für eine ungezwungene Zukunft eintreten. Die Alten sind für einen Sinneswandel zu alt.