Die Ruhe nach dem Sturm

So plötzlich wie Weihnachten kommt, verschwindet es wieder. Und in all den Jahren habt ihr euch gefragt: „Habe ich alles richtig gemacht?“ Die Antwort lautete stets: „Nein!“ Dieses Jahr ist es erstmals anders. Blockflöte verstimmt, Gans verbrannt, Schwiegermutter vergrätzt, das juckt euch nicht. Ihr habt euch für einen Klick entschieden, der euer Leben verändert. Ja, hier seid ihr richtig. Der neue, ultimative Blog der Schachfreunde Hannover hilft euch in jeder Lebenslage. Schachpartie verloren?! Früher dauerte der Katzenjammer mindestens zwei Wochen. Heute wird die Katze binnen weniger Stunden virtuell besänftigt.

Bildung gibt’s gratis dazu. Beispiel: Arthurs australische Appetithäppchen. Wisst ihr, woran es den Australiern vor 250 Jahren fehlte? An Mistkäfern! Ihr habt richtig gelesen: es gab keine Mistkäfer in Australien. Es gab lediglich verwöhnte Käfer, die sich am Dung der Kängurus labten. Den Mist der importierten Rindviecher aus Europa verschmähten sie. Das führte dazu, dass sich auf den Viehweiden die Kuhfladen häuften. Die Fladen unterdrückten das Wachstum der Gräser und dienten den Dungfliegen als Eiablage. Das führte zu einer Fliegenplage. – Das alte Europa musste helfen. In jahrelangen Studien exportierten Insektenforscher acht Mistkäferarten nach Australien. Eine Käferart hat sich irgendwann akklimatisiert und ihren Dienst aufgenommen. Darüber waren die Australier so glücklich, dass sie den Europäern mit einer angemessenen Gegenleistung danken wollten. Sie beratschlagten und beratschlagten. Nach 200 Jahren hatte jemand die zündende Idee: „Wir schicken unseren talentiertesten Schachspieler nach Deutschland. Und zwar dorthin, wo es am lustigsten ist.“ Und so wurde Arthur Mitglied in unserem Verein.

Mit meinem letzten November-Beitrag wollte ich euch den Winter schmackhaft machen. Daraus wurde noch nichts. Eine Farbe dominiert in Wald und Flur und Strand: grau, grau und nochmals grau. Zwischendurch blasen Sturmtiefs mit männlichen Vornamen die Backen auf. Was wäre unser Leben indes ohne Kontraste? Diese Frage gibt mir die Gelegenheit, pastoral zu antworten: „Langweilig. Stinklangweilig!“ Zur Untermalung der Stimmungsamplitude zeige ich euch diesmal Fotos vom gleichen Fleck Erde (Hörnumer Odde), das ich euch zuvor schneebedeckt und mit blauem Himmel präsentiert hatte. Die Fotos habe ich aufgenommen, nachdem Xaver den Friesen wenige Tage zuvor das Fürchten gelehrt hatte.

12 Gedanken zu „Die Ruhe nach dem Sturm“

  1. Von Mistkäfern und Menschen

    Im Original heißt der Roman „Von Mäusen und Menschen“, aber das Thema ist allgegenwärtig: der Traum von einem besseren Leben. Vor 10 Jahren habe ich euch die wahre Geschichte über die Abhängigkeit der Australier von Mistkäfern erzählt. Bevor hier das Licht ausgeht, habe ich meinen Beitrag aus dem Archiv geholt. Den hatte ich Arthur zuliebe geschrieben. Arthur wollte nach seiner Berufslaufbahn dahin zurück, wo er herkam. Nun ist er dort. Ob er zurückkehrt, ist ungewiss. – Vor 10 Jahren wütete der Orkan „Xaver“. Ich war mittendrin. Die Bilder danach könnt ihr euch oben angucken. Vor 10 Jahren entwickelte sich an dieser Stelle ein Sturm, der zwischendurch Orkanstärke erreichte und nun einschläft. „Bin ich schon drin?“ hieß mein erster Beitrag vom 09.08.2013. Daraus wurden 508 Beiträge. Knapp die Hälfte von mir. Das Verhältnis der Kommentare ist ähnlich: insgesamt sind es 3.137. Einer der Ersten, der sich traute, war Torben. Die Darstellung meiner Remispartie gegen IM Dr. Dückstein kommentierte er wie folgt:

    Ich verneige mich vor der liebevollen, gar poetischen Darstellung dieses Glanzstückes einer längst vergangenen Zeit.

    Ich danke Torben hiermit noch einmal für das Lob. Nun ist er einer der Letzten, der sich zu Wort meldet. Das freut mich sehr. Eine Dekade voller Inbrunst geht zu Ende. Noch habt ihr die Gelegenheit, ein bisschen Luft abzulassen, bevor die ewige Ruhe einkehrt…

    1. Aus einem verzagten Arsch fährt kein fröhlicher Furz

      Dieses Zitat stammt bekanntlich von Martin Luther. Trifft das Bonmot auch auf Schachvereine zu? „Quod erat demonstrandum“, würde der Neufundländer sagen. Eine Dekade Fröhlichkeit hat nun ein Ende. Wenn alles wie geplant läuft, kannst du die nächsten 10 Jahre noch gucken, warum die Schachfreunde Hannover anders (fröhlicher) waren als der Rest der deutschen Schachvereine. Gegenüber der „Unbegrenzten Bewegung“ (Infinitum Mobile) ist das ein Fortschritt. Stillstand statt unbegrenzter Bewegung ist keine zielführende Philosophie. Die ehemalige Website von Gerhard Stamer wurde abgeschaltet. Die Idee war begrüßenswert, die Ausführung ein Flop. Und du hast es vorhergesagt, Torben.

  2. Besinnliches zum 3. Advent

    Luthers Spruch ist derb, aber er passt auf unser Blog wie der sprichwörtliche „A… auf Eimer.“ Die meisten Schachspieler sind introvertiert. Ich auch. Unter diesen Voraussetzungen wirst du keine Rampensau. Gleichwohl kannst du dich in die Gesellschaft einbringen, z.B. in den Blog der Schachfreunde Hannover, dessen Tage nun gezählt sind. Das haben einige getan. Schriftlich. Noch mehr haben geguckt, weil sie neugierig waren. In den 10 Jahren wurden wir millionenfach angeklickt. Als „Mr. Blog“ habe ich mir stets die Frage gestellt: „Schreibst du das oder schreibst du das nicht?“ Mir war bewusst, dass die Zahl der „Naserümpfer“ groß ist, die Abweichungen von der reinen Lehre des Schachspiels als Frevel ansehen. Hätte jedes Mal meine Verzagtheit die Oberhand behalten, gäbe es zwar weniger Fürze, aber auch weniger Fröhlichkeit. Das Leben ist nur dann schön, wenn wir es mit Leben füllen. Das Blog der ehemaligen Schachfreunde Hannover hat dazu beigetragen.

  3. Weihnachtsbotschaft 2023

    Nach dem Sturm ist vor dem Sturm. Ein besonders heftiger tobt derzeit über Norddeutschland. Reihenweise kippen Bäume um. Manchmal auch ohne Sturmeinwirkung: z.B. im August 2021 in der List. Jawoll! List reimt sich bekanntlich auf Bundesligist. Kleiner Scherz. Eine 15 m hohe Robinie war auf einen fahrenden Transporter gekippt. Verletzt wurde zum Glück niemand. In meiner Straße stehen auch Robinien. Ich mag diese Bäume. Gleichwohl macht diesen „etwas anderen“ Bäumen unser Klima mehr und mehr zu schaffen. Sie geraten in Schieflage, bevor sie ihr Alterssoll erreicht haben.

    Von meinem Balkon aus kann ich deren Wachs- und Siechtum beobachten. Eine Robinie hatte sich in den letzten Jahren beängstigend zur Seite geneigt. Anhand von Fotos konnte ich diesen Vorgang wie im Zeitraffer nachweisen. Am 11. Dezember entschloss ich mich, das Umweltdezernat darüber per E-Mail zu informieren. Am 19. Dezember wurde die Robinie gefällt. Guckt ihr: hier. Einer Behörde war es gelungen, binnen 8 Tagen zu handeln; inkl. Einrichtung einer Halteverbotszone. Das allein klingt wie ein Wunder. Dass sich bei mir eine leibhaftige Landschaftsarchitektin für die Info bedankte, beseelt mich zudem ungemein. – Einen Tag nach dem der Baum gefällt war, zog der Sturm auf und wütet noch immer. Wer weiß, was passiert wäre, wenn die Behörde nicht unverzüglich gehandelt hätte? Weihnachten kann kommen.

  4. Sagmal Gerhard… eine Frage hätt ich da aber noch, bevor hier der Stecker gezogen wird:

    Wie erreicht man dich denn im kommenden Jahr?

    1. Warten auf Godot

      Lieber Torben, da ich deine E-Mail-Adresse kenne, werde ich dir persönlich antworten. Alle anderen können sich gern an Niedersachsens Schachpräsidenten wenden. Er weiß, wie man mich erreicht.

      Ich vermute, dass hier am 31. Dezember der Stecker gezogen wird. Ob danach die totale Stille eintritt, entzieht sich meiner Kenntnis. Darauf habe ich keinen Einfluss. Die Schachszene werde ich weiterhin beobachten und mich möglicherweise irgendwo und irgendwann in diesem Sinne äußern:

      Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen. Es gibt kein richtiges Leben im falschen. (Theodor W. Adorno)

  5. Prost Neujahr!

    Der eingetragene Verein „Schachfreunde Hannover“ existiert seit einem Jahr nicht mehr. Vom ehemaligen Vorsitzenden habe ich die Info, dass diese Webseite vermutlich Ende Dezember 2023 abgeschaltet wird mit der vagen Option, diese weiterhin angucken zu können. Solange wir nicht nur gucken, sondern auch schreiben können, dürft ihr nach Herzenslust dasselbe an dieser Stelle ausschütten.

  6. Kulturgut Blog

    An meinem 70. Geburtstag habe ich das Haus der Geschichte in Bonn besucht. Das Museum zeigt eine Dauerausstellung der deutschen Geschichte seit 1945. Darüber hinaus gibt es Wechsel- und Wanderausstellungen. Ich war begeistert. Museen sind häufig staubtrocken; dies ist anders. Anders ist das Stichwort. Das Attribut „der etwas andere Schachverein“ stammt nicht von mir. Es passt(e) zu uns.

    Unser Blog war weder das eine (nüchterne Berichterstattung) noch das andere (Geschwätzigkeit), sondern eine spannende Mischung aus unserem Schachspielerleben, die meines Wissens kein anderer deutscher Schachverein aufzuweisen hat. Rund 500 Beiträge, 3.150 Kommentare und 1.700 Medien zeugen davon. Zu den Medien gehören Fotos und Diagramme. Aus allen Teilen Deutschlands haben sich Schachfreunde zu Wort gemeldet. Im Laufe der 10 Jahre ist ein unschätzbarer Fundus entstanden. Wird der gelöscht, verschwinden auch die Erinnerungen an Michael Geveke, Christiane Jabs, Manfred Heilemann, Helmut Brodhuhn, Helmut Reefschläger, den Mann mit der Cordhose usw. Zuletzt meldete sich ein Schachfreund aus Österreich, weil er offensichtlich eine auf unserer Website veröffentlichte Schachaufgabe ergoogelt hatte. Im vergangenen Jahr war es die Enkelin von Karl Danne (Thema: Arbeiterschach). Sie konnte ein historisches Foto beisteuern.

    Es mag zwar hochtrabend klingen, aber unser Blog ist in der deutschen Schachwelt ein Kulturgut geworden. Dies als Archiv zu erhalten, ist wie ein Blick in das Haus der (Schach)Geschichte. Ich würde mich freuen, wenn das gelingt.

  7. Walter Nagorni

    Solange ich die hannoversche Schachszene kenne – und das sind immerhin 60 Jahre –, gehörte Walter Nagorni dazu. Am 1. Dezember 2023 ist er im Alter von 87 Jahren gestorben. So steht es heute unter den Familienanzeigen meiner Tageszeitung. Ich habe ihn stets als freundlichen Menschen wahrgenommen. Meines Wissens spielte Walter sein Leben lang für den Hannoverschen Schachklub. Die Leidenschaft für das Schachspiel hat er sich bis ins hohe Alter bewahrt. Er nahm an vielen Seniorenturnieren teil. Dieses Foto habe ich von der DSB-Webseite, als Walter Nagorni im Jahr 2012 bei den 24. Deutschen-Senioren-Einzelmeisterschaften in der 1. Runde gegen Bodo Schmidt spielte.

    Im Jahr 1978 spielte Walter Nagorni für den HSK am 8. Brett im Finale des Hannover-Cups gegen meinen Verein. Walter gewann gegen Gerd Köst. Sein Sieg änderte nichts an der Niederlage des HSK, die damals sensationell war. Die Euphorie wird in diesem Dokument deutlich, das unser damaliger Vorsitzender Heinz-Jürgen Gieseke verfasst hatte.

    Sollte jemand fragen, warum dieser Nachruf ausgerechnet auf der Seite eines hannoverschen Schachvereins steht, der seit einem Jahr nicht mehr existiert, verweise ich auf meinen letzten Kommentar.

    Walters Angehörige verabschieden ihn in ihrer Anzeige mit diesen geflügelten Worten:
    Und meine Seele spannte weit ihre Flügel aus, flog durch die stillen Lande als flöge sie nach Haus (Joseph von Eichendorff)

    1. „Meines Wissens spielte Walter sein Leben lang für den Hannoverschen Schachklub.“ Der NSV-Ergebnisdienst weiß es besser: Von 2012 bis 2014 war er bei der SG WB Eilenriede aktiv.

      1. Stimmt. In den beiden Spielzeiten hat Walter Nagorni für die SG Weiß-Blau Eilenriede gespielt. Danach kehrte er zum HSK Lister Turm zurück und spielte bis zur Saison 2016/17 am 1. Brett der 4. Mannschaft. So oder so war Walter schätzungsweise 60 Jahre Mitglied beim HSK.

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