Edgar Braun

In meinem Beitrag „Frohe Weihnachten“ vom 24.12.2013 habe ich einen Spruch von Edgar Braun zum Besten gegeben. Den hat offensichtlich jemand im Forum von „Schachfeld.de“ aufgegriffen und mit der Frage versehen: „Wer war Edgar Braun?“ Diese Frage möchte ich so gut es geht beantworten.

Edgar Braun wurde am 12.09.45 geboren. Im Jahr 1965 wurde er Niedersächsischer Jugendmeister. Dank seines Talents wurde er in der 1. Mannschaft des HSK eingesetzt, der damals bundesweit eine herausragende Rolle spielte. Aus Gründen, die ich nicht kenne, zog er in den siebziger Jahren nach Ramstein in die Pfalz. Als er 1986 nach Hannover zurückkehrte, schloss er sich unserem Verein an. Seine handschriftliche Eintrittserklärung vom 14.09.1986 habe ich beigefügt. Die Graphologen unter euch werden aus der Handschrift auf Edgars Charakter schließen können. Edgar war eine exaltierte Persönlichkeit und auf seine Weise genial. Er konnte geistreich und witzig sein, aber auch ätzend, wenn ihm etwas nicht passte. Körperlich war Edgar eher klein, seine Haare waren blond und strubbelig; ein Typ mit hohem Wiedererkennungsfaktor. Vermutlich ist er an seinem Gerechtigkeitssinn zerbrochen. Er setzte seinem Leben selbst ein Ende. Das genaue Datum weiß ich nicht mehr, es muss Ende 1987 gewesen sein.

In der kurzen Zeit seiner Mitgliedschaft bei uns Schachfreunden haben wir gemeinsam beachtliche Erfolge erzielt. 1986 belegten wir mit der Mannschaft Edgar Braun, Arthur Kölle, Thomas Nordholz und mir den 4. Platz bei den Norddeutschen Blitzmannschafts-meisterschaften. Dieser Platz berechtigte uns zur Teilnahme an der Deutschen Blitzmannschaftsmeisterschaft. Dort erreichten wir einen guten Mittelplatz. Zur Vierermannschaft gehörten Michael Geveke, Arthur Kölle, Edgar Braun und ich. Die entsprechenden Zeitungsartikel aus der HAZ dokumentieren unsere Erfolge. Übrigens wurde damals in der HAZ regelmäßig über die hannoversche Schachszene geschrieben. Leider ist die Berichterstattung nahezu eingeschlafen.

Artikel aus HAZ 1986
Artikel aus HAZ 1986

Eine interessante Kurzpartie, die Edgar 1987 bei den 2. Hasslocher Schachtagen gespielt hat, möchte ich euch zeigen. Es passt zu Edgar, dass die Kaiserslauterer Rundschau die Partie nicht veröffentlichen wollte, weil der Redakteur seine Handschrift nicht entziffern konnte. Ich konnte sie entziffern und habe sie seinerzeit in der HAZ veröffentlicht. Edgars Begleitbriefe möchte ich euch ebenfalls zeigen, weil sie viel über den Menschen Edgar Braun aussagen. Zu Pfingsten dieses Jahres finden die 29. Hasslocher Schachtage statt. Mensch Edgar, warum hast du nicht durchgehalten?

10 Gedanken zu „Edgar Braun“

  1. Hallo Gerd,
    beim Aufräumen unseres Vereinskellers prangte mir kürzlich das Namensschild „Braun“ entgegen. Zuerst wunderte ich mich, dass der Seelzer Wolfgang Braun mal bei SFH gespielt hätte, dann erinnerte ich mich an Edgar.

    Edgar, der kleine Mann mit dem schwarzen Zimmermannsanzug, dem großen schwarzen Hut – sah immer aus wie einer auf der Wanderschaft (Gesellen taten das ja früher). Ein Typ, den Du nie übersiehst und auch nicht vergisst. Am gleichen Brett bin ich ihm nur selten begegnet, lediglich ein paar Mal beim Blitzen.

    Sofern die Zeitung keinen Schachkundigen hatte, der parallel am Brett nachspielt, kann ich deren Skrupel einer Veröffentlichung sogar verstehen. Wohl jeder ärgert sich beim Nachspielen, wenn der Springer nach o4 wandert – nur wegen eines Übertragungsfehlers. Dennoch hat man in der damaligen Zeit viel geschrieben und veröffentlicht – unvergessen für mich zB der Isernhagener „Kiebitz“ über die Landesmeisterschaften 1983 in Northeim – 25 Seiten Partie- und Erlebnisanalyse auf Schreibmaschine – Jürgen Reinecke, Volker Camen und ich hatten dies verbrochen. Heute ist manches einfacher!

  2. Die Erinnerung an Edgar Braun hat mir einen Ausflug in meine eigene Vita beschert. Nicht in Sachen Schach, sondern in Sachen Radsport. Mir ist nämlich aufgefallen, dass Edgars vorübergehende Wahlheimat Ramstein unweit von Bann entfernt liegt. Dort habe ich im Jahr 2002 an den Deutschen Seniorenmeisterschaften auf der Straße teilgenommen. Ich gehörte damals zur Seniorenklasse 3, das sind die 50- bis 60-Jährigen. Obwohl ich nur sporadisch Radrennen gefahren bin, konnte ich den 11. Platz belegen und dabei einige ehemalige Nationalfahrer hinter mir lassen. Auf dieses Ergebnis bin ich noch heute stolz. Guckt ihr hier:
    http://www.rad-net.de/html/bdr/meisterschaften/02-bdr/dm-1str-sen3-erg.pdf

  3. Aus den Nachrufen, die Fritz Niemitz und Frank Palm im März 1988 in der Niedersachsen-Rochade veröffentlicht haben, kann ich noch ein paar Ergänzungen anfügen:
    Edgar Braun verließ Hannover 1974 aus beruflichen Gründen und lebte zunächst in Heidelberg, später in der Pfalz; in der (damals viergleisigen) Bundesliga kam er sowohl beim Heidelberger SK als auch beim SK Frankenthal mehrfach zum Einsatz.
    Er arbeitete als Versicherungsmathematiker, bekam aber beruflich kein Bein mehr auf den Boden, nachdem er seinen Arbeitgeber wegen illegaler Praktiken angezeigt hatte und daraufhin entlassen wurde.
    Edgar Braun starb am 22.1.1988.

    Fritz Niemitz gab in seinem Nachruf die folgende Partie an:

    Edgar Braun – Gunter Faulbaum, Oberliga Nord 1971/72
    1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sc3 Lb4 4.e3 b6 5.Se2 La6 6.a3 Lxc3+ 7.Sxc3 0-0 8.b3 d5 9.Lb2 Sc6 10.cxd5 Lxf1 11.dxc6 Lxg2 12.Tg1 Ld5 13.e4 Lxc6 14.d5 exd5 15.Txg7+ Kh8 16.Sxd5 Lxd5 17.Df3 Te8 18.Lxf6 Txe4+ 19.Kf1 Te1+ 20.Txe1 Lxf3 21.Te8+ 1:0

  4. Vielen Dank an den „Leser” für seinen Kommentar. Es handelt sich um einen Fide-Meister, der außerhalb Niedersachsens gemeldet ist. Dass unser Blog überall gelesen wird und fremde Schachspieler zu Kommentaren animiert, freut mich sehr. – Edgar Braun war eine schillernde Persönlichkeit. Sein Leben hatte er nicht im Griff, aber am Schachbrett hatte er immer wieder geniale Momente. Die Partie gegen Faulbaum gehört dazu. Damit ihr sie am Rechner nachspielen könnt, habe ich sie als Partiecode eingegeben. Darüber hinaus zeige ich euch eine Partie von Edgar, die er 1986 im Niedersachsen-Pokal für unseren Verein gewonnen hat. Es war ausgerechnet gegen den SK Delmenhorst, der uns am vergangenen Sonntag verprügelt hat. Die Partie endet mit einem Knallbonbon. (Partiecode nicht mehr verfügbar)

  5. Ein Schachfreund namens Duttenhoefer hat sich mit folgendem Kommentar zu Edgar Braun gemeldet:

    Habe g.b. persönlich gekannt aus meiner Studienzeit in Heidelberg. Ich habe ihn einmal mit nach Hause genommen und bei meiner Familie übernachten lassen (1978 -1980). War ein guter Schachspieler mit guten Sprüchen.

    Der Original-Kommentar ließ sich nicht an der genannten Stelle freischalten. Es freut mich, dass unser Blog dazu beiträgt, Erinnerungen zu wecken. Überall auf der Welt.

    1. Hallo zusammen,

      ich kann mich noch sehr gut an Edgar Braun junior erinnern.
      Er war Anfang 80er Jahre oft in Paderborn.
      Das war der Mensch der mit einer Litfaßsäule sprach; der auf einem Bierdeckel in einer Kneipe den Abiturienten vom Gymnasium Thedorianum mal eben die Mathelösungen der Abi-Klausuren aufzeigte; der im Park Goethe und Schiller zitierte und nebenbei alle beratenden Schachspieler gezeigt hat, dass eigentlich nur einer Schach spielen konnte; der für einen Studenten eine Diplomarbeit geschrieben hat, in einem ihm nicht wirklich bekanntem Fach; der bei den Paderborner Stadtmeisterschaften im Schach nach nicht einmal 10 Zügen schon manchmal weit über 90 Minuten an Zeit verbraucht hatte; der angeblich ein Jahr vor Dr. Rober Hübner deutscher Juniorenmeister war;

      Er legte immer sehr viel Wert auf den Namenszusatz junior.
      Unglaublicher Mensch, für mich war der zu intelligent für diese Welt …
      Ich war sehr gern in seiner Gesellschaft, wenn seine Grundlaune positiv war …

      1. Lieber Dirk,
        „Alles hängt mit allem zusammen“, ist ein bekanntes Zitat von Alexander von Humboldt. Dein Kommentar zu Edgar Braun ist ein Beleg dafür. Edgar Braun ist nämlich just bei euch in Paderborn aufgetaucht, als ich den Ort verlassen hatte. Das war vor rund 42 Jahren. Die Erinnerungen bleiben. Vor drei Jahren gab es einen besonderen Anlass, die 70 feistesten Fehler aller Schachzeiten herauszustellen. Darin findest du Verknüpfungen meiner Vita mit Paderborn. Wir kennen uns nicht. Wenn meine Recherchen stimmen, lebst du jetzt in Bielefeld. An der Uni Paderborn ist ein gewisser Prof. Dr. Dr. Claus Reinsberger als Sportmediziner tätig. Er könnte dein Bruder sein…!?

        Viele Grüße
        Gerhard

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