Die Straße lebt!

Seit 35 Jahren wohne ich dem Stadtteil, der sich neuerdings JAMIEL-Kiez nennt. Gestern durfte ich an einem außergewöhnlichen Ereignis teilhaben: dem allerersten Straßenfest fast ohne geparkte Autos, aber mit viel guter Laune, prächtigem Wetter und Schach zum Anfassen. Dort, wo sonst 250 Autos Stoßstange an Stoßstange stehen, und es ein Hingucker ist, wenn mal zwei Parkplätze hintereinander unbesetzt sind, vergnügten sich Jung und Alt auf vielfältige Weise.

Die Veranstaltung war der erste Höhepunkt in dem Bestreben, mehr Lebensqualität zu entfachen und die gute Nachbarschaft zu fördern. Plötzlich nehme ich Menschen wahr, die mir bislang fremd waren, grüße sie, plaudere mit ihnen und die mit mir. Es gibt viele nette und kreative Menschen in meiner Nachbarschaft, die sich zusammengetan haben, um mit der Idee vom KAMIEL-Kiez identitätsstiftend auf die Anwohner einzuwirken. Soll heißen: vor der Haustür soll es lebenswerter werden.

In der Mitte steht Hannovers Oberbürgermeister. Der wohnt auch in unserem Kiez und hat es sich nicht nehmen lassen, sich unter sein Volk zu mischen. Dabei kam er mit Sachverstand an meinen Schachstand. Wir plauderten eine Weile miteinander. Eine seiner Leidenschaften sei das Fotografieren. Er betrachtete fachkundig meine Kamera und kam von sich aus auf die Idee, von meiner Gattin und mir ein Foto zu schießen. Das Foto ist damit ein echter Schostok.

Auf dem Tisch seht ihr mein Go-Spiel liegen. Das hatte ich zusätzlich mitgebracht. Und siehe da, unter den Kiezgängern waren zwei, die das Go-Spiel gut beherrschen (hier mit gevierteltem Brett).

Und da wäre noch eine Dame, die 15 Jahre lang im Deutschen Bundestag saß und nun vor uns auf der Straße stand: Prof. Monika G. Sie zog anschließend mit den 60+ Jährigen durch den Kiez.

Echte Schachspieler waren rar. Karen war jedoch wie versprochen gekommen. Sie spielt für die SG Blau-Weiß Eilenriede. Nebenbei betreut sie ihren taubblinden Lebensgefährten, der trotz seiner Einschränkungen gern und gut Schach spielt.

Yoga auf Kopfsteinpflaster sieht man auch nicht alle Tage.

Auf eine junge Dame möchte ich euch aufmerksam machen, die mir gegenüber wohnt, etwas Kreatives studiert, Schlagzeug und Kontrabass spielt, leidenschaftlich Geschichten aus dem Stegreif schreibt und die auf ihrer eigenen Webseite präsentiert. Marilia heißt sie und ist gerade am Tippen. „Kreative Hirngespinste und Wortmalereien über das kunterbunte Leben“, sind ihr Credo. Damit trifft sie genau meinen Nerv. Guckt ihr hier: https://marillenbaererzaehlt.wordpress.com/

Gute Laune soweit der Kiez reicht:

Und wie wurde mein Schachstand angenommen? Großartig! Acht Stunden lang herrschte kaum Stillstand. Die großen Schachfiguren sind vor allem für Kinder ein Anreiz. Die Allerkleinsten haben damit die größte Freude. Wer weiß, vielleicht bleibt die Faszination bei ihnen im Hinterkopf gespeichert und entwickelt sich später zu einer Leidenschaft fürs Leben.

Deshalb kann ich euch nur empfehlen: Runter vom Sofa, rauf auf die Straße! Möbelt eure Wohngegend auf und freundet euch mit euren Nachbarn an. Dann macht das Schachspielen noch mehr Spaß. Ein paar Eindrücke bekommt ihr zum Schluss.

Noch ein Hinweis zur dämlichen DSGVO. Fotos von Personen, bei denen ich mir über das Einverständnis nicht sicher bin, habe ich ein wenig geschwärzt.

22 Gedanken zu „Die Straße lebt!“

  1. Positiv fand ich die fehlende Kommerzialität. Viel Spaß für kein oder wenig Geld. Ein Straßenfest organisiert von der dort lebenden Bevölkerung. Daneben noch ein echtes Highlight: Ein Aktivist, der ein Kino und eine Modelleisenbahn mit dem von Fahrrädern gelieferten Strom betreibt. Mein vierjähriger Sohn hatte nicht nur Spaß dabei Gerhard die Gartenschachfiguren umzuwerfen, sondern auch mit dem Fahrrad die Straßenbahn in Gang zu halten. Zeitweise hatte sich eine Schlange von mehreren Kleinkindern gebildet, die alle Fahrrad fahren wollten. Verstanden hat mein Sohn immerhin, dass die Eisenbahn nur fährt wenn er in die Pedalen tritt, das mit dem Strom war aber noch etwas zu theoretisch.
    Das Kino begann leider erst spät abends, da war ich nicht mehr da.

    Vielleicht erklär ich ihm das mit dem Strom im nächsten Jahr!

  2. In puncto Straße möchte ich eine weitverbreitete Bildungslücke schließen: Straßen werden hierzulande nicht geteert, sondern asphaltiert. Gestern Abend sagte Moderator Jan Starkebaum in Hallo Niedersachsen (NDR-Fernsehen): „Wenn die Straße neu geteert wird, …“ Seit den 70er Jahren ist in der Bundesrepublik Deutschland der Einsatz von Teer im Straßenbau verboten. Teer wird in der Regel aus Kohle gewonnen, Asphalt aus Erdöl. Teer gilt als krebserregend und muss deshalb nach strengen Vorgaben entsorgt werden.

  3. Ein Fest für die Großstadt-Utopie

    Heute lohnt es sich wirklich, Zeitung zu lesen. Den Stadt-Anzeiger Hannover-West natürlich. Mehr als die Überschrift verrate ich nicht.

    Gut, dass Madsack auch einen Gegner zu Wort kommen lässt. Des Öfteren outet er sich als „bourgeoisen Snob“. Noch Fragen?

  4. Carlo und sein Vater Raoul spielen beim Jamiel-Fest in der Minister-Stüve-Straße Schach

    … steht unter dem riesengroßen Foto. Links steht Torsten in voller Lebensgröße. Der von Sonja Steiner in der HAZ stammende Artikel ist gelungen. Nicht gelungen ist der Kommentar von HAZ-Redakteur Rüdiger Meise auf der 1. Seite. Offenbar hat er sich nicht sachkundig gemacht. Statt mit den Kiez-Machern zu sprechen, hat er sich von den unlustigen Nichtfreunden des Kiezes beeinflussen lassen. Die beömmeln sich seit einer Weile auf Facebook gegenseitig über ihren Zynismus, den sie Satire nennen.

    Einmal autofrei in hundert Jahren und für engstirnige Menschen bricht eine Welt zusammen. Und so endet der Kommentar von Rüdiger Meise mit einer rhetorischen Frage, die er gleich selbst beantwortet: „Denn wo parken dann die Jamielianer ihre Autos? Vor den Haustüren der benachbarten Straßen.“

    So bedient man die eigenen Vorurteile. Rüdiger Meise hätte auch die Frage stellen können: „Wo parken die Besucher des Capitols ihre Autos? Vor den Haustüren der Jamielianer.“ Hat er nicht. Auch nicht die Frage: „Wo parken die Angestellten und Besucher der umliegenden Behörden und Unternehmen ihre Autos? Vor den Haustüren der Jamielianer.“

    Kein Jamielianer will von heute auf morgen sämtliche Autos aus dem Kiez verbannen. Es geht stattdessen um behutsame und intelligente Lösungen. Das Lastenfahrrad gehört zum Beispiel dazu. Oder die selbstkritische Frage: „Benötige ich als Stadtmensch tatsächlich ein Auto?“

  5. Tja Torsten, dein Link führt zur Webseite von Jörg Schimke. Der zu HalloLindenLimmer hat bis gestern Abend noch funktioniert. Den haben wir auf Nachfrage aus der Hallo-Redaktion extra freigegeben. Mutmaßlich hat sich inzwischen jemand in der Redaktion durchgesetzt, der auf Seiten der sympathischen Kiezgegner steht. Deren Wortführer reagiert auf Kritik mit einfühlsamen Worten. Zitat: „Maßen uns allerdings auch nicht an, hier jeden Sektenjünger der Kiezhelden bespaßen zu können. Sorry ey!“

    Und so findest du dort statt meines Beitrags eine Kopie von Facebook mit der prahlerischen Aussage zur kritischen Box in der HAZ: „Der zuständige Redakteur bedauerte im persönlichen Gespräch, diesen Aspekt der Geschichte erst so spät entdeckt zu haben und nur noch wenig Platz im Layout dafür übrig gehabt zu haben – will aber gerne nochmal was Größeres dazu machen.“

    Fazit: Besser Kiezheld als Maulheld.

  6. Ein sehr netter Bericht von unserem Fest, der die Atmosphäre perfekt eingefangen hat! Ich freue mich schon auf nächstes JAhr!
    Vielen Dank für die Erwähnung in deinem Artikel, das hat mich sehr erfreut!!!!
    Viele Grüße vom
    Marillenbär
    (der Kreativ-Schreibenden :-))

    1. Ja Marilia. Vor wenigen Wochen kannten wir uns noch nicht, obwohl ich seit ewigen Zeiten auf das Fenster eures Wohnzimmers gucken kann. Utopisten haben jetzt die Gardine beiseitegeschoben. „Mit Träumen beginnt die Realität“ ist ein lesenswertes Buch von Daniel Gouedevert (Ex-Automanager und Bestsellerautor). Empfehlenswert auch für Redakteure traditionsreicher Zeitungsverlage. Wenn du, Marilia, einmal so alt bist wie ich heute, wird sich für Journalisten die Frage erledigt haben, ob Visionäre ihre Autos vor den Haustüren der Nachbarn parken. Ob es dann noch Autos gibt, ist nebensächlich. Ohne gute Nachbarschaft ist die Zukunft indes in Gefahr. – Dir wünsche ich, dass du eine berühmte Schriftstellerin wirst.

  7. Der „bourgeoise Snob“ hat sich gemeldet. Hier ist sein Kommentar in vollem Wortlaut:

    Desöfteren? Nur weil Sie bei Google meinen einen Kommentar zu „getränkekult“ fanden? Und nur den einen, in dem ich über mich selbst spöttelte, gerne San Pellegrino zu trinken.

    Hier ist meine Antwort: Sie haben damals geschrieben „oute mich mal wieder“, womit Sie selbst zugegeben haben, dass das keine Ausnahme war. Nun habe ich nichts dagegen, wenn sich jemand selbst auf den Arm nimmt. Der Spaß hört indes auf, wenn Sie eine Kampagne inszenieren, bei der Sie und ein paar Claqueure engagierte Menschen in Ihrem Viertel permanent mit Häme überziehen, die alles andere als witzig ist.

    Natürlich haben Sie das Recht, den Kiez-Gedanken kritisch zu sehen. Dann nennen Sie bitte sachliche Argumente und/oder bringen sich selbst mit guten Ideen ein. Als Kommunikationswirt sollte Ihnen das nicht schwer fallen. Das Totschlagargument „Gentrifizierung“ ist indessen genauso abwegig, wie einen Zusammenhang zwischen Merkels Flüchtlingspolitik und ihren Hosenanzügen herzustellen.

    Wenn Sie meinen Beitrag gelesen haben, werden Sie nicht leugnen können, dass die Freude derer, die sich am Straßenfest beteiligt haben, groß war. Was daran negativ sein soll, erschließt sich mir nicht. – San Pellegrino trinke ich tagsüber. Abends bevorzuge ich ein frisch gezapftes Bier oder einen Pinto Grigio, aber nur, wenn die Flasche deutlich teurer als 5 Euro ist. Ich lade Sie herzlich dazu ein.

  8. Wir Schachspieler tun nichts, wir wollen nur spielen. Da wir Schachfreunde Hannover jedoch unsere Heimat in Hannover-Linden haben, sind wir per se anders und wollen unseren Beitrag zu einem gesellschaftlichen Diskurs leisten, der sich gerade vor meiner Haustür abspielt. Unser Blog kann kein Ersatz für sonstige soziale Medien sein, gleichwohl freue ich mich, dass der Wortführer einer Kampagne erstmals öffentlich, seine aus seiner Sicht sachlichen Argumente darlegt. Ansonsten habe ich nur verächtliche Kommentare vernommen. Dies ist der volle Wortlaut:

    Sachliche Argumente sind:

    1. Die Exklusion, die schon in der Selbstzuschreibung der Website stattfindet: Wer sich unter dem Label „Jamielianer“ mit positiven Attributen „dynamisch, visionär, vielseitig, konstruktiv, friedlich, optimistisch, energievoll, intelligent, freundschaftlich miteinander verbunden.“ schmückt, konstruiert ein „WIR“ das automatisch auch die Frage aufwirft, wie denn die „anderen“ sind. Übrigens auch ein Zeichen eines Gentrifizierungsprozesses, diese exkludierende Selbstüberhöhung.

    2. Ein 5 Quadratmeter großer Banner, der wie ein überdimensionales Ortsschild nach Aufmerksamkeit schreit und so den von wenigen kreierten Namen für drei Straßen mit 1.000 Bewohner*innen einzuzementieren gedenkt. Letztlich aber nur eine (laut Impressum urheberrechtlich geschützte) Wort- und Bildmarke. Hat jemand die 1.000 Bewohner*innen gefragt, ob ihre Straßen jetzt einen Markennamen tragen sollen? Gentrifizierung, die Zweite.

    3. Die vollkommen durchschaubare Netzwerkarbeit hinter der Jamiel-Kampagne. Egal, wie oft man’s dreht und wendet: Es kommen immer die Namen Thiele, Kuklinski, Käthner, es kommen immer wieder die notorischen Netzwerke PlatzDa!, HannovAir, VCD Region Hannover, ADFC dabei zum Vorschein, deren, ja, wahrlich engagierte Netzwerkarbeit in all ihrer lauten, bisweilen aggressiven Nervigkeit stadtbekannt ist und sich eben nicht auf drei Straßen fokussiert. Aber immer beseelt ist von der missionarischen Selbstzufriedenheit, für einfach alle das Richtige zu tun. Die Bestätigung für ihr Handeln erhalten sie in der kleinen Filterblase derer Fahrradfreund*innen, Helikoptereltern und Besserbildungsbürger*innen, die letztlich dann auch das Fest mittrugen und -feierten.

    4. Zu den „Claqueuren“: Unter den rund 300 Likes der facebookseite sind rund zwei Dutzend Anwohner*innen. Mit rund 10 habe ich, der „Maulheld“, mich bereits unterhalten – so richtig draußen auf der Straße. Sie alle fühlen sich sehr genervt vom autoritären Kiezheldenengagement, empfinden es als übergriffig, als „von oben herab“. Ein weiteres Merkmal der verdrängenden Gentrifizierung. Die beiden Journalisten/Satiriker, die in der TITANIC bzw. im Neues Deutschland ihre persönliche Sicht auf den „Kiez“ verfassten, wohnen übrigens hier bzw. sind regelmäßig zu Gast und wurde nicht etwa von mir „gebrieft“ oder gar bezahlt, wie manche behaupten.

    5. Mario Moers, der die kritische Box mit zwei Zitaten aus unserem Telefonat neben den wohlwollenden Kiezfestartikel stellte, in dem Thiele erneut viel Platz für seine „Visionen“ hatte. Wir unterhielten und lange und gut und ja: Er bedauerte tatsächlich, nur wenig Platz für die „Gegenöffentlichkeit“ zu haben. Denn er hatte auch schon vor dem Telefonat festgestellt, dass es sich bei der Jamiel-Kampagne um eine hochorganisierte und professionalisierte Angelegenheit handele, hinter der weit mehr als bloß ein schnuckeliges Nachbarschaftsfest steckt.

    Gerhard, ich würde mich doch sehr freuen, wenn Sie diesen Kommentar auch veröffentlichten und nicht bloß wieder zitieren. Die Kommentarspalte im Elminja-Kiez steht jedem offen, nichts wird gelöscht oder gesperrt. Ein echtes Dialogangebot, dass ich bei den Jamielianer*innen bislang nie fand.

    Herzlichst
    Malte

    Dies ist der falsche Ort, um auf Einzelheiten einzugehen. Zwei Anmerkungen habe ich jedoch:

    1. Sie negieren völlig die Freude derer, die sich am Straßenfest beteiligt haben und der Kiez-Idee positiv gegenüberstehen.

    2. Sie benutzen das Schlagwort „Gentrifizierung“, um diffuse Ängste zu schüren. Damit verhalten Sie sich nicht anders als Parteien am rechten Rand in Sachen Überfremdung. Gentrifizierung ist ein ernstes Thema, das mit dem Kiez-Gedanken nichts zu tun hat. Im Umkehrschluss könnten Sie den Anwohnern raten, den Straßenraum verkommen zu lassen, damit die Mieten stabil bleiben.

    Ich kann Ihnen versichern, dass ich weiß, wovon ich rede. Ich hatte es in meinem Berufsleben mit allen Facetten des Wohnungsbaus zu tun: mit überforderten Behörden, mit schlitzohrigen Spekulanten und mit den Superreichen in Deutschland. Wer etwas gegen Gentrifizierung tun will, muss sich an die richtigen Adressaten wenden. Am allerwenigsten sind das die Jamielianer.

    Sie sollten sich die Zeit nehmen und sich ein Interview auf der Webseite der Bundeszentrale für politische Bildung anhören. Es wurde mit dem „Retter von Kreuzberg“ geführt: Prof. Hardt-Waltherr Hämer (Spitzname: Gustav).
    http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-geschichte/68er-bewegung/52075/hardt-waltherr-haemer

    Prof. Hämer erklärt darin die Methoden der Gentrifizierung, die in den Siebzigerjahren ihren Ursprung hat. Gustav war eine Weile mein Chef.

  9. Liebe Kiez-Freunde und Kiez-Gegner,

    seid mir bitte nicht böse, wenn ich die Diskussion an dieser Stelle ein wenig bremse. Unser Schach-Blog ist deutschlandweit einmalig, aber keine Bühne für ausufernde Diskussionen, die sich außerhalb unseres Vereinszwecks bewegen. Deshalb werden wir uns mit der Veröffentlichung von Kommentaren zurückhalten. Nichtsdestotrotz wird kein Kommentar, der hier noch eingeht, gelöscht. Ich werde alles wortwörtlich an die Jamielianer weiterleiten. Das gilt auch für den neuesten Kommentar, den Michael Dreyer geschrieben hat.

    Ich würde mich freuen, wenn die Protagonisten beider Seiten einen Weg fänden, die unterschiedlichen Standpunkte auf sachlicher Basis zu erörtern. Der Anfang ist heute gemacht. Kneipen gibt es in Linden genug, wo man miteinander reden kann. Auch kontrovers. Abfällige Bemerkungen über Andersdenkende in der Öffentlichkeit sind jedoch der falsche Weg.

    1. Harte Zeiten für Gerhard. Die Posts der Kiez-Talker warten auf Freischaltung. Gerhard muss jetzt 24h am Tag das Forum moderieren und die Posts der Kiez-Talker vor der Freischaltung prüfen.

      Wird der Jamiel-Kiez einen eigenen WordPress-Blog für diese Diskussionen bekommen?
      Warum diskutieren die Kiez-Talker nicht im Kiez (also offline) ?
      Wann wird Gerhard wieder seinen wohlverdienten Ruhestand genießen können?
      Wird Gerhard aus dem Kiez gentrifiziert und muss ausserhalb der Stadt Hannover um Asyl bitten?
      Machen die Immobilienhaie den Kiez dicht und verlegen den Westschnellweg in die Jacobsstraße?

      Fragen über Fragen, demnächst in Ihrer Serie „Die Jacobsstraße“, direkt in diesem Blog.

  10. Wenn’s um die friedliche Koexistenz geht, kennt Gerhard keinen Schmerz. Freud und Leid werden bestimmt durch die Sichtweise. Dazu sind zwei Überschriften aus der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung bezeichnend, die auf den Tag genau ein Jahr auseinanderliegen:

    29. Juni 2017 – Deutsche verlieren die Lust auf die WM in Russland
    29. Juni 2018 – Darum macht diese WM weiter Spaß!

    Angeblich hatten die Deutschen vor einem Jahr die Lust auf die WM in Russland verloren, obwohl diese noch nicht gestartet war. Nun ist Deutschland sensationell in der Vorrunde gescheitert, und der Spaß geht trotzdem weiter!

    Sind Journalisten hierzulande wirklich unabhängig? Wir erwarten, dass sie kritisch sind und schimpfen, wenn sie an unserem Weltbild kratzen. HAZ-Redakteur Rüdiger Meise hat sich in seinem Kommentar zum JAMIEL-Straßenfest kritisch geäußert. Das nehme ich ihm nicht übel. Aber er hat den Jamielianern in seinem Schlusswort unterstellt, sie würden nach dem Sankt-Florians-Prinzip handeln. Das Gegenteil ist richtig. Es wäre schön, wenn Rüdiger Meise seinen Humor auch ohne „Lüttje Lage“ aufblitzen ließe. Zum Beispiel mit diesem Satz: „Ein Prost auf meinen gepflegten Unsinn!“

    1. Not in my backyard

      … sagen die Engländer dazu, wenn jemand ein Problem bzw. eine Gefahrenlage auf andere abwälzen möchte. Wir Deutschen kennen diese Verhaltensweise als Sankt-Florians-Prinzip. Durch seine rhetorische Frage inkl. rhetorischer Antwort glaubt Rüdiger Meise zu wissen, dass die Jamielianer das Parkproblem vor ihren eigenen Haustüren dadurch lösen (abwälzen) wollen, indem sie ihre eigenen Autos in den Nachbarstraßen abstellen.

      Fakt ist, dass Jamielianer ihre Autos eher selten vor den eigenen Haustüren abstellen können, weil diese Plätze bereits von Autofahrerinnen und Autofahrern aus anderen Stadtteilen belegt sind. Dazu passt folgende Geschichte:

      Einer meiner Nachbarn hat seit einem halben Jahr einen beschilderten Behindertenparkplatz vor unserer Haustür von der Stadt Hannover zugewiesen bekommen. Es kommt immer wieder vor, dass dieser Stellplatz unzulässiger Weise von fremden Autofahrern belegt wird. Ich schätze, die Hälfte steht dort versehentlich, die andere Hälfte steht dort aus Dickfälligkeit gepaart mit Bequemlichkeit. Mein Nachbar hat kürzlich eine Falschparkerin angesprochen, als diese nach mehreren Stunden zu ihrem Fahrzeug zurückkam. Auf die Frage, warum sie denn dort stehe, antwortete sie erstaunlich ehrlich: „Ich hatte im Ihme-Zentrum zu tun. Die Parkgebühr in der dortigen Tiefgarage ist mir zu teuer.“ Hallo!? In unmittelbarer Nähe gibt es freie Parkplätze, die nicht genutzt werden. – Dies ist einer von vielen Ansatzpunkten, über intelligente Lösungen nachzudenken.

      Wir Schachspieler freuen uns, wenn es uns gelingt, mehrere Züge im Voraus zu denken. Andere begnügen sich mit dem Status quo. Deshalb empfehle ich sowohl Rüdiger Meise als auch den Elminjanern, sich den Artikel von Irene Habich in der heutigen HAZ-Ausgabe durchzulesen. Die Überschrift lautet: Zu Hause in der Zukunft. Das Fraunhofer Institut hat sich Gedanken über die „Morgenstadt“ gemacht: https://www.morgenstadt.de/

      Die Zukunft ist gar nicht so weit weg. In Helsinki sollen z.B. Privatautos innerhalb der nächsten Jahre ganz aus dem Stadtverkehr verbannt werden. Haben die Finnen nicht auch in den Pisa-Studien die Nase vorn!?

  11. Kiezkultur

    Wer sich auf Wikipedia nach Kiezen erkundigt, wird auch auf Hannover verwiesen. Allerdings nur im Zusammenhang mit dem Steintorviertel. Kiez klingt nach Rotlichtmilieu. Bildungsbürger tun sich deshalb schwer mit diesem Wort. Ehrlich gesagt: ich auch. Umdenken ist angesagt; obwohl das sperrige Adjektiv „identitätsstiftend“ treffender wäre. In den Stadtteil-Ausgaben der HAZ verweist Redakteurin Juliane Kaune auf die bereits existierenden Kieze in Hannover, die „Kultur mit viel Herz“ abbilden. In loser Folge will die HAZ darüber berichten. Los geht es heute in der Ausgabe West mit einem Artikel über den Kulturtreff „Plantage“ in Badenstedt und in der Ausgabe Ost mit einem Artikel über den Kulturtreff „Bothfeld“. Verfasser ist jeweils Lokal-Redakteur Uwe Janssen. Der Norden und der Süden Hannovers sind anscheinend kiezfrei, denn entsprechende Artikel gibt es dort nicht.

    Insofern gehört der Fiedelerplatz in Döhren (Hannover-Süd) wohl noch nicht zu den Kiezen, was den Stadtbezirksrat nicht davon abgehalten hat, dem Schachclub Döhren einen Zuschuss von 1.000 € für die ortsnahe Aufbewahrung der großen Schachfiguren zu bewilligen. Wir dürfen gespannt sein. Steht dort demnächst ein „fliegender Bau“? Fliegender Bau ist auch so ein Begriff, mit dem die meisten Bürger nichts anfangen können, obwohl er zur Amtssprache gehört. – Ein Zuschuss für den Umbau der Homepage des SC Döhren wäre auch nicht schlecht. Denn die ist wegen der DSGVO derzeit außer Betrieb.

  12. Roger macht Blau

    Roger Bücker heißt der junge Mann, der uns auf dem Titelbild den Rücken zudreht. Er hat sich trotzdem wiedererkannt und uns diesen Kommentar geschrieben:

    Juhu gleich auf dem ersten Bild hab ich mich wieder gefunden. Für mich war es auch ein super schönes Fest. Ich habe auch einen kleinen Rückblick verfasst:
    http://rogermachtblau.de/rueckblick-das-jamiel-fest/

    Roger, deine Freude ist auch unsere Freude. Deshalb habe ich an meine Bildergalerie ein weiteres Foto gehängt, auf dem du Blau machst.

  13. Werbung zahlt sich aus

    Meine Begegnung mit Hannovers Oberbürgermeister auf dem Jamiel-Fest hat diesen derart beeindruckt, dass er eine Dame als neue Kommunikationschefin ausgewählt hat, die den Namen unserer Sportart trägt: Schach. Genauer gesagt: Prof. Dr. Annika Schach. Sie wolle die Kommunikation der Stadt strategisch in die Hand nehmen. Das passt. Schach verleiht dem Schachspiel Flügel. Derweil macht Maximilian Schachmann von sich reden. Der ist Radprofi. Da muss ich unwillkürlich an Schöneschach denken. Das ist ein Ortsteil von Bad Wörishofen. Ja, Schach könnte so schön sein, wären da nicht diejenigen, die, wenn sie verlieren, ihrer Selbstgerechtigkeit freien Lauf lassen.

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