Silberschale weg – Schwarzes Wochenende für Braunschweig

Die Braunschweiger sind heuer nicht zu beneiden.

Gestern wurde eine grandiose zehnjährige Trainerlaufbahn „zurück auf Los“ geschickt. Die Braunschweiger starteten damals unter wirtschaftlich bedenklichen Umständen in der dritten Liga, schafften trotz eines nachhaltigen soliden Sanierungskurses des Vereinspräsidenten Sebastian Ebel (auch bekannt als Vorstand eines hannoverschen Touristik-Konzerns) mit leidenschaftlichem Fußball die Aufstiege in Liga 2 und 1. Gestern ging man in einem kuriosen Spiel bei zweimaliger Führung mit 2:6 unter (hat es sowas je gegeben?) und verpasste die magische 40-Punkte-Grenze um einen Zähler, das Ganze in einem Saisonfinale, das alle Teams zwischen Platz 12 und 17 hätte treffen können. Das Ergebnis waren Tränen, Tränen und nochmals Tränen – und heute dann die einvernehmliche Trennung.

Ganz so dramatisch war es trotz Blitz und Donner am Himmelfahrtstag beim traditionellen Turnier des SC Braunschweig-Gliesmarode nicht. Dennoch gelang hier die Entführung der Silberschale durch Christian Müller-Dehn in die Landeshauptstadt, noch vor dem haushohen Favoriten Matthias Tonndorf. Der Autor bemühte sich redlich, gelangte aber nur bis Platz 6 von 18 Teilnehmern. Blitz-Spezi Andreas Hartmann (früher SvG, heute Hildesheim) machte es einen Platz besser. Trotz anderslautender Ankündigung wurden die Brettpaarungen jeder Runde vorgelesen – SwissChess tut sich schwer mit dem Rutschsystem :-(. Warum das so ist und damit Turnierleitern wie Teilnehmern das Leben unbequem und langwierig macht, frage ich mich immer wieder von Neuem.

Anyway, es war ein nettes Turnier mit zahlreichen jungen Spielern, die ihren Weg noch gehen werden. Ich komme wieder!
Erste fotografische Eindrücke gibt es auf www.nsv-online.de – die Vereinsseite www.sbg1869.de kennt Stand jetzt nur die Ausschreibung 😉

Schach als Investition

Walter Rädler, Vizepräsident für Verbandsentwicklung im DSB, hat gestern Unterlagen von der 2. Bundesvereinskonferenz mit einer E-Mail verschickt. Einige von euch werden diese ebenfalls erhalten haben. In seinem Begleittext hat Walter Rädler folgende rhetorische Frage gestellt und gleich selbst beantwortet:

Ein Freund hat mich gefragt: Warum investierst Du so viel Geld und Zeit, damit dein Sohn Schach lernen und spielen kann? Meine Antwort: Nun, ich habe ein Geständnis zu machen: Ich bezahle nicht, damit mein Sohn Schach spielt. Weißt du, warum ich bezahle?

• Ich zahle, damit mein Sohn lernen kann, diszipliniert zu sein.
• Ich zahle, damit mein Sohn seinen Verstand pflegen und so seine Kreativität entwickeln kann.
• Ich zahle, damit mein Sohn lernt, mit Enttäuschungen umzugehen, wenn er nicht bekommt, was er erwartet hat.
• Ich zahle, damit mein Sohn lernt, seine Ziele zu erreichen.
• Ich zahle, damit mein Kind versteht, dass es Stunden um Stunden harter Arbeit und Training kostet, eine Meisterschaft zu erreichen und dass der Erfolg nicht über Nacht geschieht.
• Ich zahle für die Chance, die mein Sohn hat, Freundschaften fürs Leben zu schließen.
• Ich bezahle dafür, dass mein Sohn Turniere spielt und nicht vor dem Fernseher, Tablet, elektronischen Spielen und mehr sitzt.
• Meine Bezahlung dient für alles, was dieser wunderschöne Sport ihm gibt: „Verantwortung, Demut, Freundschaft, Geduld, Respekt, Konzentrationsfähigkeit, usw.“
• Ich könnte weitere Dinge aufzählen, aber um mich kurz zu fassen:
• Ich zahle nicht für Schach, sondern für die Chancen, die dieser Sport meinem Sohn bietet, für die Entwicklung von Attributen und Fähigkeiten, die Ihm nützlich für sein Leben sein werden.
• Ich glaube, es ist meine beste Investition – es ist eine Universität des Lebens!

Am hehren Ziel dieser Antworten gibt es keinen Zweifel. Etwas stört mich indes. Geht es um den Sohn (Tochter?), oder geht es um den, der bezahlt? Bezahlen heißt, eine Schuld zu begleichen. Sind wir unseren Kindern etwas schuldig? Oder wollen wir ihnen eine bestmögliche Zukunft bereiten? Ohne Eigennutz!? Eine Investition ist eine Kapitalanlage. Früher waren Kinder als Altersvorsorge unverzichtbar. In vielen Teilen unserer Welt gilt das noch heute. Aber gilt es das auch für unser Land in der heutigen Zeit?

Mit diesem Beitrag möchte ich keinesfalls an der Wortwahl von Walter Rädler herummäkeln, sondern diese zum Anlass nehmen, unsere wahren Beweggründe auf den Prüfstand zu stellen. Dazu passt diese wahre Begebenheit:

Um die Ecke meiner Straße gab es einen Kiosk. Das ist rund dreißig Jahre her. Betrieben wurde dieser von einem Mann mit türkischen Wurzeln. Immer, wenn jemand bei ihm etwas kaufen wollte, antwortete er: „Geb‘ ich gerne!“ Dieser Satz ist meiner Frau und mir als geflügeltes Wort bis heute in Erinnerung geblieben. „Gerne geben!“ Die Bezahlung wird dabei zur Nebensache.