Die Erste erfolgreich in der Oberliga

Wenn der Hahn den Affen ablöst, kann es laut werden. Ich spreche vom diesjährigen Têt-Fest, das im Saal nebenan von Vietnamesen gefeiert wurde. Aber ihr kennt den uralten Witz: besser jemand bläst in ein Saxophon als in einen Sack Zement. Die vorübergehende Störung brachte niemand ernsthaft aus der Fassung. Dazu waren die Partien zu spannend. Jedenfalls die meisten.

Meine subjektive Sichtweise der einzelnen Partien sieht so aus:

Brett 1 GM Tseitlin, Michael (Bremer SG) ½ – ½ Schirm, Friedmar (SFH)
Ein verdientes Remis ohne große Höhepunkte.

Brett 2 Ackermann, Dennie (SFH) ½ – ½ IM Borik, Otto (Bremer SG)
Eine sensationelle Partie! Ihr müsst euch die Endstellung in meiner Bildergalerie ansehen: Dennies Dame gegen zwei Leichtfiguren und zwei Bauern von Otto Borik. Die Punkteteilung kam nach 5½ Stunden zustande, als es 4:3 für uns stand. Mehr als ein Remis war wohl am Ende nicht drin, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass Dennie mehrmals den Gewinn ausgelassen hat.

Otto Borik am 15.01.2017
Otto Borik am 15.01.2017

Vor dem Match hat mich Otto Borik kurz auf den Beitrag angesprochen, den ich vor drei Jahren über ihn geschrieben habe. Er hat ihm gut gefallen. Guckt ihr hier: https://www.schachfreunde-hannover.de/otto-borik/

 

 

Das Foto vom Länderkampf 1979 in Ibbenbüren ist ein Beleg dafür, dass wir beide nicht jünger geworden sind. Im September wird Otto Borik 70 Jahre alt.

Brett 3 Hundack, Rolf (Bremer SG) ½ – ½ Böhm, Jürgen (SFH)
Es war der Einstand von Jürgen Böhm in unserem Team. Der ist gelungen. Die Partie war weder langweilig noch spektakulär.

Brett 4 Kaimer, Thomas (SFH) 1-0 Issing, Peter (Bremer SG)
Tom war in seinem Element. Seinen Gegner hat er förmlich zertrümmert. Schuld für dessen Desaster war vermutlich die lange Rochade. Oder ein schlechter Tag. Kann passieren.

Brett 5 Peters, Frank (Bremer SG) ½ – ½ Liebau, Andreas (SFH)
Total verschachtelte Stellung. Remis mit Ansage.

Brett 6 Fritze, Bernd (SFH) 1-0 Rust-Lux, Klaus (Bremer SG)
Total verschachtelte Stellung mit einem Büchsenöffner à la Bernd Fritze. Oder anders ausgedrückt: Positionsspiel mit Auge und viel Geduld.

Brett 7 Krajina, Davor (Bremer SG) 1-0 Herrmann, Andreas (SFH)
Andreas‘ Stellung gefiel mir nach der Eröffnung gut. Unser A-Open-Gewinner sah das im Nachhinein kritischer. Jedenfalls musste er plötzlich einen Angriff abwehren, der ihm erst einen, dann zwei Bauern kostete. Das war’s.

Brett 8 Streich, Gerhard (SFH) ½-½ Stieglitz, Dirk (Bremer SG)
Im 20. Zug machte ich einen Anfängerfehler, der mich, hätte ich die Partie verloren, dazu veranlasst hätte, das Schachbrett für immer an den berühmten Nagel zu hängen. Zum Glück war die Stellung kompliziert genug. Mein Gegner fand nicht die stärkste Fortsetzung, und so einigten wir uns im 29. Zug nach dreifacher Zugwiederholung auf Remis.

Summe:  4,5 (SFH)-3,5 (Bremer SG)   4. Runde Oberliga Nord-West

Womöglich war der knappe Sieg über die sympathischen Bremer die halbe Miete für den Klassenerhalt. Die nächste Runde spielen wir am 5. Februar beim Tabellenführer in Oldenburg. Abgesehen vom Debakel in Göttingen können wir uns in dieser Saison nicht über mangelndes Glück beklagen. Die 5 Mannschaftspunkte, die wir bislang geholt haben, hingen jeweils am seidenen Faden. – Wie war das noch mit dem Glück? „Glück in der Liebe“, nannte Uwe seinen Beitrag nach unserer Niederlage in Göttingen. Nun hat Gerhard Glück den Göttinger Elch gewonnen. Was holen wir in Oldenburg? Die Goldene Palme wurde gerade an den Grünkohlweltmeister vergeben. Da für die Goldene Ananas die Zeit noch nicht reif ist, heißt es: Glückskekse backen. Womit wir wieder beim Jahr des Hahns sind.

Mehr oder weniger glückliche Gesichter seht ihr in meiner Bildergalerie sortiert nach Brett und Zeit.

Scherzkekse an der Leibniz-Uni

Über den Schachticker bin ich auf einen Antrag an der Leibniz Universität aufmerksam geworden, auf den wir als Hannoveraner eine Antwort schuldig sind:

„Das Schachspiel ist auf dem gesamten Gelände der Leibniz Universität Hannover ausnahmslos verboten.“

Die Begründung erfolgt in 12 Punkten. Guckt ihr hier: http://www.asta-hannover.de/wp-content/uploads/2016/11/Antrag-VV-2016-Erhardt-Till.pdf

Frage an Radio Eriwan: „Ist der Antrag berechtigt?“
Antwort: „Im Prinzip ja, aber ohne Sperrgebiet ist das Verbot sinnlos.“

Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen ist das Schachvirus hochaggressiv. Die meisten Menschen sind dagegen resistent, aber wen es erwischt, wird für die Gesellschaft zu einer Last. Diese reagiert mit Unverständnis. „Für die Mehrzahl der Menschen ist Schachspielen kein Sport, sondern öde … unverständlich … etwas für introvertierte Spinner und Wichtigtuer“, kommentiert der „Wattwurm1968“ die Schach-WM in New York auf ZEIT-ONLINE.

Gottfried Wilhelm Leibniz
Gottfried Wilhelm Leibniz

Die Wirklichkeit ist schlimmer. Oder ist euch beim Schachspielen noch kein exaltierter Spinner begegnet? Folglich ist ein Sperrgebiet unabdingbar. Was würde der Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz dazu sagen? „Thunlichst ist ein Sperrgebiet von 5 km einzurichten. Damit können die Schachfreunde Hannover kein weiteres Unheil anrichten.“ – Von Keulen hat er zum Glück nichts gesagt.

4:4 gegen Werder 3

Das Nordderby begann sehr munter. Beide Teams spielten sofort frech nach vorne und kamen so auch früh zu guten Einschussgelegenheiten. Danach verlor die Partie etwas an Tempo im Vergleich zur turbulenten Anfangsphase. Zwar wirkten die Niedersachsen etwas aktiver, konnten sich aber gegen die tief stehende Deckung der Hansestädter zunächst nicht entscheidend durchsetzen.

Sorry, ich bin versehentlich in den Spielbericht des Kickers anno 2002 gerutscht. Damals gab es ein 4:4 zwischen Hannover 96 und Werder Bremen. Fredi Bobic machte mit zwei Toren in der 81. und 83. Minute den 2:4 Rückstand wett. Unsere Helden waren diesmal Thomas Kaimer, der eine verdächtige Stellung ins Remis rettete, und Bernd Fritze, der nach 6 Stunden und 5 Minuten in Magnus-Carlsen-Manier den Sack zumachte.

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Die Begegnung der Oberliga Nord-West fand nicht im Niedersachsen-Stadion, sondern im Freizeitheim Linden statt. Die Zahl der Besucher hielt sich in Grenzen. Zu Beginn war auf der Tribüne trotz freien Eintritts jede Menge Platz.

Beim Fußball ist die Spannung nach knapp 2 Stunden verflogen, bei Schachwettkämpfen findet der Höhepunkt manchmal erst nach 6 Stunden statt. Die Abklingphase kann Tage dauern, vor allem bei denen, die kein Unentschieden erzielt haben. Hannover 96 hätte sich einen hochverdienten Punkt erkämpft, konstatierte der Kicker damals. Gleiches gilt für die Schachfreunde Hannover gegen Werder Bremen. Mein Fazit lautet: Das Unentschieden ist gerecht. Deshalb verzichte ich auf jede Einzelkritik, wohlwissend, dass es keinen Aktiven gibt, der nicht mit dem einen oder anderen Zug hadert.

Friedmar Schirm (Brett 1) und Dennie Ackermann (Brett 2)
Friedmar Schirm (Brett 1) und Dennie Ackermann (Brett 2)

In meiner Bildergalerie findet ihr einen Schnappschuss von jedem Brett. Ganz ohne Gegner seht ihr vorab unsere ersten beiden Bretter:

 

 

 

Am 1. Brett der Werderaner spielte Olaf Steffens. Ich kannte ihn bislang nicht persönlich. Seine – ich nenne sie mal Kolumne – schätze ich indes bereits seit mehreren Jahren. Wem sie bislang verborgen geblieben ist, sollte seine Favoriten um diese Adresse erweitern:

http://www.schach-welt.de/

Olaf schreibt humorvoll, geistreich, hintergründig, unverkrampft, kurzum: unterhaltsam. Da er in der Nähe von Witzwort aufgewachsen ist, ist sein Wortwitz sozusagen angeboren. Diesen Kalauer musste ich loswerden. – Ich hatte das Vergnügen, mit Olaf ein bisschen zu plaudern. Er ist so nett, wie er schreibt.

1. Helmut-Reefschläger-Gedächtnisturnier

Baden-Baden. Oft gehört, nie besucht. Nun war ich dort und habe es nicht bereut. Helmut Reefschlägers Anziehungskraft wirkt über seinen Tod hinaus. „Faites votre jeux!“ 86 Schachfreunde waren dem Aufruf der OSG Baden-Baden zum Schnellschachturnier am 5. November 2016 gefolgt. Darunter waren vier Nordlichter; drei aus Hamburg (Christoph Engelbert, Dr. Torsten Szobries und Michael Dombrowsky) und ein Nordlicht aus Hannover. Michael war Helmuts bester Freund, auch wenn Michael – bescheiden wie er ist – das Adjektiv nicht bestätigen möchte. Gleichwohl ist er sozusagen sein Nachlassverwalter. Von Helmuts Wehrpass bis zu seiner legendären Doktorarbeit, alles befindet sich in Michaels Händen.

01-baden-badenDie Gastfreundschaft der Badener ist unglaublich. Der neue Vorsitzende der OSG Baden-Baden, Patrick Bittner, hat sich sofort nach meiner Anmeldung mit freundlichen Worten gemeldet und mein Hotel gebucht. Am Vorabend des Turniers waren wir Vier im Kreise des alten und neuen Vorstands zum Abendessen eingeladen. Es war ein fröhlicher Abend.

Bevor ich auf das Turnier zu sprechen komme, möchte ich auf Helmuts Doktorarbeit zurückkommen. Ich hatte anlässlich seines 70. Geburtstags darüber berichtet. Helmut hatte anschließend Wert darauf gelegt, dass sie weniger als 50 Seiten umfasst. Hier ist sie:

02-baden-baden Berechnung der Anzahl der 1-Spitzen der paramodularen Gruppen 2-ten Grades

Es sind 20 Seiten im DIN A5 Format. Helmut soll gesagt haben, Mathematiker sollen nicht schwafeln, sondern auf den Punkt kommen. Ob irgendjemand den Inhalt verstanden hat, ist nicht überliefert. Michael hat indes erfahren, dass sich drei Koreaner im Jahr 2012 des Themas angenommen haben. Unbestätigten Meldungen zufolge irren sie seitdem rastlos durch Seoul…

Das Turnier war perfekt organisiert. Alles stimmte: Turniersaal, Programm, Erinnerungstafeln, kostenlose Getränke und Snacks. Schiedsrichter Daniel Fuchs hat das Turnier souverän geleitet. Der Ablauf stimmte auf die Minute. Es gab keine Proteste. Badener sind halt ein umgängliches Volk, und wir vier Nordlichter sind es auch. Besonders beeindruckt haben mich die musikalischen Einlagen zweier Musikstudenten mit ihrem Lehrer, die zugleich Mitglied der OSG sind. Helmut hätte seine Freude gehabt.

Turniersaal während der Musikeinlage
Turniersaal während der Musikeinlage

04-baden-badenPinnwand mit Auszug aus unserem Blog

05-baden-baden

 

 

Das Turnier wurde von IM Igor Solomunovic (SK 1879 HD-Handschuhsheim) gewonnen. Die Vorentscheidung fiel mit seinem Sieg gegen den Lokalmatadoren GM Roland Schmaltz (OSG Baden-Baden), rechts mit Schwarz. Das komplette Ergebnis findet ihr auf der Seite von Chess-Results: http://chess-results.com/Tnr246270.aspx?lan=0

06-baden-badenFür mich lief das Turnier suboptimal (4:5 Punkte). Aber das war wirklich nebensächlich. Ein paar junge Leute waren unter meinen Gegnern. Ich zeige euch meinen aus der 1. Runde (rechts):

 

Vor der 8. Runde gab’s noch einmal Musik und Rotwein in trauter Runde:

07-baden-badenlinks: Michael Dombrowsky, Mitte: Patrick Bittner (1. Vorsitzender OSG Baden-Baden), rechts: Christoph Engelbert

 

 

 

Übrigens geht für einen Schachfreund heute die Feier in Köln weiter. Robert Hübner wird 68 Jahre alt!

Ergänzung am 6. November 2018

Baden-Baden, 5. November 2016, rechts Christoph Engelbert († 02.11.2018), links Dr. Torsten Szobries (beide Hamburger SK)

Quiz für Ü30-Jährige

Vor 30 Jahren fand die Schacholympiade in Dubai statt. Das Jubiläum möchte ich zum Anlass nehmen, denjenigen fünf Quizfragen zu stellen, die davor geboren wurden (Ü30). Denn die Antworten könnt ihr nicht ergoogeln. Ihr müsst entweder selbst dabei gewesen sein oder über ein exzellentes Archiv – wie das von Hans-Joachim Markus – verfügen.

Bevor ich zu den Fragen komme, möchte ich einige Fakten nennen: Die 27. Schacholympiade fand vom 14.11.-02.12.1986 in Dubai statt. Die Vergabe in die Vereinigten Arabischen Emirate war umstritten. Israel wurde ausgeschlossen, darum fehlten u.a. Dänemark, Schweden, Norwegen und die Niederlande. Auch die DDR war nicht dabei, aber aus anderen Gründen. Dennoch nahmen unterm Strich 107 Länder teil. Die Reisekosten wurden mit 1 Mio. US-Dollar vom Veranstalter gesponsert. Nur 100 km Luftlinie entfernt tobte der 1. Golfkrieg. Die Zeiten sind nicht besser geworden.

Bei den Herren trat Deutschland mit einer B-Mannschaft an. Hübner und Hort hatten abgesagt. Dennoch schlug sich die Mannschaft wacker. In der Aufstellung: S. Kindermann, R. Lau, K. Bischoff, J. Hickl, D. Heinbuch und H.-J. Hecht wurde mit 32,5 Brettpunkten der 12. Platz erreicht. Es gewann die UdSSR mit 40 Brettpunkten knapp vor England 39,5 Pkt. und den USA 38,5 Pkt. Den Olympiasieg holten sich folgende Männer: G. Kasparov, A. Karpov, A. Sokolov, A. Yusupov, R. Vaganian und V. Czeskovsky.

Bei den Damen gewann ebenfalls die UdSSR vor Ungarn und Rumänien. Die bundesdeutschen Damen erreichten in der Besetzung: B. Hund, P. Feustel, B. Trabert und R. Grünberg einen ausgezeichneten 6. Platz.

Nun zu meinen Quizfragen. Wer sämtliche Fragen binnen einer Woche zuerst richtig beantwortet, erhält von mir ein Herrengedeck (Pizza-Orgasmus 28 cm mit Kiez-Bier 0,5 l) im Debakel. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Der Linksweg auch.
 
1-frage1. Frage
Weiß hat seinen Gegner soeben mit 8. Sc3-d5 mattgesetzt. Wer spielte gegen wen in welcher Runde?

 

 

 

2a-frage2. Frage
Schwarz ist am Zug. Was zog er und wie antwortete Weiß?

3-frage

 

 

 

 

3. Frage
Schwarz zog 36…Txe2+ und Weiß gab auf. Wer konnte sich über diesen Sieg freuen?

 

 

 

 

4. Frage
Für welches Land spielte der Schachfreund mit folgendem Namen? Fufuengmongolkit

5. Frage
5:47 Brettpunkte waren die geringste Ausbeute eines Landes bei den Männern. Um welches Land handelt es sich? Bei den Frauen bildete welches Land mit 2,5:36,5 Brettpunkten das Schlusslicht?

Wahnsinn im Wandel der Zeiten

Vor zwei Jahren war Hannover Schauplatz der Einheitsfeier. Über den Wahnsinn habe ich euch exklusiv berichtet. Zur Erinnerung guckt ihr hier: https://www.schachfreunde-hannover.de/wahnsinn/

Diesmal hat der Tross seine Zelte in Dresden aufgeschlagen. Dresden liegt in Sachsen. Wie geht sächsisch? So geht (ging) sächsisch:

einheitsfeier-2014_1

„Revolution ohne Gewalt.“ Das Foto habe ich am 3. Oktober 2014 aufgenommen. Seitdem gehört politisch motivierte Gewalt in Sachsen zur Tagesordnung. Wurden binnen zwei Jahren die Werte auf den Kopf gestellt? Wie schnell das gehen kann, zeigen folgende Beispiele:

Volkswagen: vom Branchenprimus zum Trickbetrüger

Deutsche Bank: vom Krösus zum Bettelmönch

Zinsen: vom Haben zum Soll

Hartmut Mehdorn: vom BER-Chef zum Bruchpiloten

Franz Beckenbauer: von der Lichtgestalt zum Lichtscheuen

Angela Merkel: vom 1. Platz des Politbarometers zum Abstiegskandidaten

„Vom Erhabenen zum Lächerlichen ist es nur ein Schritt.“ (Napoleon Bonaparte). Wisst ihr noch, wer im Oktober 2014 Trainer beim Hamburger SV war? Josef Zinnbauer. Aus der Presse, aus dem Sinn. Apropos Presse. Prawda (Wahrheit) oder Lüge? Es kommt auf den Standpunkt an.

An einem Feiertag, an dem Sonntagsreden en vogue sind, seien mir diese Gedanken in unserem Schach-Blog erlaubt. Wir Schachspieler sind ein Teil des Ganzen. In unserer Nische möchten wir ungestört bleiben. Nur wenn man uns die „sportspezifischen eigenmotorischen Bewegungen“ abspricht, werden wir unwirsch. Ein bisschen zumindest, weil es um unsere Kohle geht. Wir sind nicht systemrelevant. Die einen bewundern uns, die anderen belächeln uns. Richtig ernst nehmen wir uns nur selbst. Gleichwohl liefern wir einen Beitrag für ein gepflegtes Zusammenleben in einer Welt, die sich in rasantem Tempo verändert. Mögen wir uns dessen bewusst sein. Unseren Kindern zuliebe.

einheitsfeier-2014_2„Howgh!“ (Schlusswort wider den pastoralen Duktus meines Beitrags)

*******************************************************************************Ergänzung am 8. Oktober 2016

Elbflorenz in der Leinemetropole am 3. Oktober 2014
Elbflorenz in der Leinemetropole am 3. Oktober 2014

Hurra, wir leben noch!

„Stell dir vor, dein Schachverein soll aufgelöst werden, und keiner geht hin.“ „Etwas Besseres als den Tod findest du allemal“, sagten sich ein paar Patrioten und plädierten fürs Überleben. Der geflügelten Worte sind genug gewechselt. Sie galten dem gestrigen Abend. Jörg ist unser neuer Präsident. Spielleiter: Fehlanzeige, aber die Finanzen sind in guten Händen. Auf der Tagesordnung stand noch „Verschiedenes“. „Wow!“ Es sprudelte nur so von Ideen. „Geht doch!“, durfte ich konstatieren. Das Fenster ist ein Spalt weit offen. Der Muff kann abziehen. Kreativität darf hinein. Schau’n mer mal.

Ein Bild sagt bekanntlich mehr als tausend Worte. Und weil ich in diesem Jahr an dieser Stelle noch keins veröffentlich habe, möchte ich euch symbolisch mein Lieblingsfoto der letzten Wochen zeigen. Ein Paar hat sich getraut. Just an dem Tag, als sich Ana und Schweini das Ja-Wort gaben. Das Paar befand sich bereits auf der höchsten Stelle im Umkreis von 40 km. Das war den beiden nicht genug. Sie stellten sich auf eine Bank. Für einen Moment waren sie dem siebten Himmel ein bisschen näher gerückt.

siebter-himmel
Vom siebten Himmel sind wir Schachfreunde derzeit weit entfernt. Aber eine Stufe nach oben haben wir gestern erklommen. – Als ich meinen Platz verließ, habe ich dem Paar viel Glück gewünscht und mit dem Hinweis versehen, dass mein Glück bereits seit mehr als 35 Jahren anhält. Ein herzliches Dankeschön und strahlende Gesichter bekam ich zurück.

It’s Time to Say Goodbye

Bekanntlich soll man aufhören, wenn es am schönsten ist. Ich spreche von meinen Beiträgen in diesem Blog. Kürzlich hat mir ein renommierter Schachspieler, der weit entfernt von Hannover wohnt, dieses Kompliment gemacht:

„Hallo Gerd, Deine Beiträge im Blog sind nicht nur gut, sie sind vorzüglich und von einer ganz besonderen Aura. Emphatisch, lebensklug, mit Witz und stilistisch immer sehr gelungen.“

Das geht runter wie Öl. Zustimmung habe ich im Laufe der Zeit von vielen Schachfreunden bekommen. Das hat mich ermuntert, diese Aura zu pflegen. Der Erfolg kann sich sehen lassen. Aus allen Himmelsrichtungen haben sich ehemalige Vereinskameraden und wildfremde Schachfreunde gemeldet. Am Wochenende haben wir nach zwei Jahren die 300.000-Besucher-Marke geknackt; wobei jeder Besucher nur einmal am Tag gezählt wird. Mittlerweile sind es über 500 Neugierige, die hier täglich reinschauen; Tendenz steigend. Mein Beitrag über Helmut Reefschläger wurde anlässlich seines Todes sogar auf ChessBase und der Webseite des DSB verlinkt.

Nun ist dies nicht mein Blog, sondern das der Schachfreunde Hannover. Ohne die Beiträge meiner Vereinskameraden und die Kommentare der Besucher hätte es diesen Erfolg nicht gegeben. Es gibt in Niedersachsens Schachszene vorbildliche Webseiten, stellvertretend sei der Hamelner SV genannt, aber anderswo gibt es auch Langeweile oder einfach nichts. Für mich soll ein Blog etwas Lebendiges sein, wo über nackte Ergebnisse hinaus über Gott und die Welt auf möglichst geistreiche Weise geplaudert werden darf. Diskussionen über Strukturen unseres Zusammenlebens gehören dazu. Schach allein macht unglücklich. Schach im Kontext mit dem realen Leben gibt uns den Halt, den wir benötigen, um dauerhaft auf Seiten der zufriedenen Menschen zu stehen.

Im Internet zu schreiben ist wie der Auftritt auf einer Bühne, nur dass man das Publikum nicht sieht. Schwellenängste und Lampenfieber gehören dazu. Ob ein Blog 5 Besucher oder 500 hat, wird keinem „Künstler“ gleichgültig sein. Die Zahl der Klicks ist wie der Applaus im Theater, und die Kommentare und Emails sind wie wohlmeinende Rezensionen im Feuilleton einer überregionalen Tageszeitung. – Mir hat das Schreiben großen Spaß bereitet. Vor zweieinhalb Jahren war an dieser Stelle gähnende Leere. Jetzt herrscht hier Betriebsamkeit. Ich sehe das als Beleg dafür, dass etwas geht, wenn man die Zeichen der Zeit erkennt und entsprechend handelt.

Stichwort Spaß. Ihr ahnt es schon. Wo Spaß herrscht, ist eine Spaßbremse nicht weit. Die zeigt Wirkung: Ab sofort werde ich mich aus diesem Blog zurückziehen. Das heißt, ich werde künftig keine Beiträge schreiben. Vielleicht ist hin und wieder ein Kommentar drin. Mehr nicht. Comeback nicht ausgeschlossen.

Ob morgen die Sonne wieder aufgeht, kann ich nicht mit Gewissheit sagen. (Bertrand Russell)
Ob morgen die Sonne wieder aufgeht, kann ich nicht mit Gewissheit sagen. (Bertrand Russell)

Ich verspreche euch: morgen geht die Sonne wieder auf. Und übermorgen auch.

Frohe Festtage!

Der letzte Glühwein vor Damenindisch

Das 80er Gelb unserer ewigen Liste haut auf Dauer den stärksten Eskimo vom Schlitten. Deshalb habe ich schnell diesen Beitrag geschrieben, um die Farbe zu wechseln, bevor ich euch für den Rest des Novembers mit dem Blog allein lasse:

Think Grey and be happy!

Grey-is-beautyful

Aktuelle Schachnachrichten habe ich nicht für euch. Veraltete auch nicht. Entspannt euch vor dem letzten Mannschaftskampf dieses Jahres am 13. Dezember. Weihnachtsmarkt-Hopping ist eine Möglichkeit. Aber denkt bitte daran: Jedes Glas Glühwein kostet am Schachbrett 100 DWZ-Punkte. Deshalb gilt für Mitglieder der Schachfreunde Hannover vor dem nächsten Spieltag ein absolutes Glühweinverbot (beginnend 24 Stunden vor der ersten Zeitkontrolle). Das Verbot gilt auch für Knickebeineier, die von Ostern übrig geblieben sind. Hildesheimer dürfen ihren Messwein hingegen in vollen Zügen genießen!

Einen Veranstaltungstipp habe ich noch für euch. An diesem Samstag spielen die Damen vom Münchner RFC in der 1. Rugby-Bundesliga bei Germania List; das ist ein Steinwurf von Uwes Wohnhaus entfernt. Ihr wisst, die „Erfolgsbilanz“ der Münchnerinnen hat es mir angetan. Nach der letzten Heimpleite steht die Zwischenbilanz nach 5 Spielen bei zwei Minuspunkten (!) und 0:448 Spielpunkten. Die zwei Minuspunkte gab’s, weil ein Heimspiel kampflos gewertet wurde. Dafür wurden 0:50 Spielpunkte angerechnet. Das war das bislang beste Ergebnis der Münchnerinnen!

Dieser Tipp erfolgt ohne jede Häme. So viel Idealismus hat meine Anerkennung verdient. Da fahren die Münchnerinnen von München nach Hannover und zurück und wissen genau, dass sie sich wieder eine Packung abholen werden. Vermutlich, ohne einen einzigen Spielpunkt zu ergattern. Oder geht da was? Die Damen vom SC Germania List stehen auf dem vorletzten Platz… Das unermüdliche Ankämpfen gegen Klassenunterschiede muss für uns Schachspieler keine Vorbildfunktion haben, es sei denn, die Frauen zeigen uns, dass sich Lebensfreude und Niederlagen a priori nicht ausschließen.

Etwas verwirrt bin ich dennoch. Auf einer Rugby-Webseite wird für Kompressions-kleidung mit den Worten geworben: „Jeder weiß, dass Rugby ein echter Männersport ist.“ Wissen das auch die Münchner Frauen!? Anstoß ist Samstag um 14:30 Uhr. Ilja Schneider, Torben Schulze und Wilfried Bode können leider nicht kommen. Die Drei spielen zeitgleich in Mannheim um die Deutsche Blitzeinzelmeisterschaft. Das ist schlechthin echter Männersport. Obendrein mit Killerinstinkt!