Schachaufgabe für Unerschrockene

Vergesst alles, was ihr bisher über Schachaufgaben gehört habt. Zum Jahresabschluss präsentiere ich euch ein handgefertigtes Schachrätsel, das kein Schachcomputer der Welt knacken kann. Es ist eure Phantasie gefragt. Wer die Aufgabe richtig löst, erhält einen sensationellen Hauptgewinn.

Patt neuSchwarz ist am Zug. Da er keinen hat, steht er im Patt. Für Anfänger: die Partie ist unentschieden. Materialisten mögen ungläubig gucken, aber es ist so. Jetzt kommt die Frage: „Wie viele verschiedene Züge konnte Weiß mit dem Material, das sich auf dem Brett befindet, unmittelbar vor Erreichen dieser Stellung ausführen?“ Dazu habe ich acht Prominente gefragt und jeweils folgende Antworten erhalten:

  1. Hä? Ich verstehe nur Bahnhof. (O-Ton Peer S.)
  2. Geht nicht wegen Regel. (O-Ton Vlastimil H.)
  3. Pfui! Das ist Bigamie. (O-Ton Alice S.)
  4. Patt oder Matt – Hauptsache Halma. (O-Ton Andy M.)
  5. Ich kann dieses Diagramm nicht mehr sehen. (O-Ton Ronald P.)
  6. Auf deutschen Schachbrettern gilt deutsches Schachrecht. (O-Ton Angela M.)
  7. 248 (O-Ton Gerhard S.)
  8. Lassen Sie uns den Quatsch beenden. (O-Ton Siggi G.)

Von diesen acht Antworten sind sieben richtig und nur eine falsch. Ihr müsst nun herausfinden, welche falsch ist. Wer mir die falsche Antwort richtig übermittelt, kommt in die Lostrommel. Die Ziehung übernimmt das Schachorakel, das sich in der Landesliga zu unseren Gunsten geirrt hatte. Der Einsendeschluss ist variabel. Es gibt nur einen Preis, aber der ist eine große Ehre für jeden Denksportler:

Eine Trainingseinheit mit dem Weltmeister im Schachboxen. Begonnen wird mit Boxen!

P.S. Weitere Trainingseinheiten erübrigen sich…

Ergänzung am 30.12.2013

Phantasie und Praxis liegen manchmal gar nicht so weit auseinander. Beim Nachspielen meiner 4,5 Mio. Partien umfassenden Datenbank bin ich auf eine Partie gestoßen, in der  sich 4 Damen auf dem Brett tummeln. Die Partie wurde am 12.12.2010 ausgerechnet in unserer Spielklasse, der Oberliga Nord, gespielt. Guckt ihr hier:

Israel, Jens (SC Braunschweig) 1–0 Belov, Igor (Hamelner SV), Oberliga Nord 2010

Schlussstellung nach 86. Dg3-g1+
Schlussstellung nach 86. Dg3-g1+

Schwarz gab auf. Konsequenterweise hätte Igor, der Wundergläubige, bis zum Matt weiterspielen sollen, denn die Partie war bereits seit 25 Zügen hoffnungslos. – Hat jemand mehr als 4 Damen in einer Turnierpartie zu bieten?

Die Ruhe nach dem Sturm

So plötzlich wie Weihnachten kommt, verschwindet es wieder. Und in all den Jahren habt ihr euch gefragt: „Habe ich alles richtig gemacht?“ Die Antwort lautete stets: „Nein!“ Dieses Jahr ist es erstmals anders. Blockflöte verstimmt, Gans verbrannt, Schwiegermutter vergrätzt, das juckt euch nicht. Ihr habt euch für einen Klick entschieden, der euer Leben verändert. Ja, hier seid ihr richtig. Der neue, ultimative Blog der Schachfreunde Hannover hilft euch in jeder Lebenslage. Schachpartie verloren?! Früher dauerte der Katzenjammer mindestens zwei Wochen. Heute wird die Katze binnen weniger Stunden virtuell besänftigt.

Bildung gibt’s gratis dazu. Beispiel: Arthurs australische Appetithäppchen. Wisst ihr, woran es den Australiern vor 250 Jahren fehlte? An Mistkäfern! Ihr habt richtig gelesen: es gab keine Mistkäfer in Australien. Es gab lediglich verwöhnte Käfer, die sich am Dung der Kängurus labten. Den Mist der importierten Rindviecher aus Europa verschmähten sie. Das führte dazu, dass sich auf den Viehweiden die Kuhfladen häuften. Die Fladen unterdrückten das Wachstum der Gräser und dienten den Dungfliegen als Eiablage. Das führte zu einer Fliegenplage. – Das alte Europa musste helfen. In jahrelangen Studien exportierten Insektenforscher acht Mistkäferarten nach Australien. Eine Käferart hat sich irgendwann akklimatisiert und ihren Dienst aufgenommen. Darüber waren die Australier so glücklich, dass sie den Europäern mit einer angemessenen Gegenleistung danken wollten. Sie beratschlagten und beratschlagten. Nach 200 Jahren hatte jemand die zündende Idee: „Wir schicken unseren talentiertesten Schachspieler nach Deutschland. Und zwar dorthin, wo es am lustigsten ist.“ Und so wurde Arthur Mitglied in unserem Verein.

Mit meinem letzten November-Beitrag wollte ich euch den Winter schmackhaft machen. Daraus wurde noch nichts. Eine Farbe dominiert in Wald und Flur und Strand: grau, grau und nochmals grau. Zwischendurch blasen Sturmtiefs mit männlichen Vornamen die Backen auf. Was wäre unser Leben indes ohne Kontraste? Diese Frage gibt mir die Gelegenheit, pastoral zu antworten: „Langweilig. Stinklangweilig!“ Zur Untermalung der Stimmungsamplitude zeige ich euch diesmal Fotos vom gleichen Fleck Erde (Hörnumer Odde), das ich euch zuvor schneebedeckt und mit blauem Himmel präsentiert hatte. Die Fotos habe ich aufgenommen, nachdem Xaver den Friesen wenige Tage zuvor das Fürchten gelehrt hatte.

Frohe Weihnachten

Alle Jahre wieder feiern wir voller Inbrunst ein Ereignis, das nie stattgefunden hat. Über dieses Massenphänomen werde ich hier und heute keinesfalls philosophieren. Weihnachten muss sein. Basta! Untrennbar mit Weihnachten sind zwei Adjektive verbunden: fröhlich und besinnlich. Beginnen wir mit der Fröhlichkeit. Vor zwanzig Jahren bekam ich zu Weihnachten „Das fröhliche Buch für Weihnachtshasser“ geschenkt. Es hat nichts von seiner Aktualität eingebüßt, wie die Geschichte einer „langfristigen Wollustkäuferin“ beweist. Wir kennen sie alle. Sie beginnt in den Sommermonaten mit ihrer Geschenkeplanung, hat bis September alles zusammen und verbringt die restliche Zeit mit einer gigantischen Verpackungsorgie und dem Schreiben von Geschenkkärtchen.

Besinnlich wurde ich beim Blättern in meinem Schacharchiv. Mir fiel ein Gedicht in die Hand, das unser verstorbener Ehrenvorsitzender Hans Wiehler aufgeschrieben hatte. Hans war auf seine Weise kulturbeflissen. Wenn er etwas Geistreiches entdeckte, versorgte er damit Menschen, die ihm nahe standen. Horst-Peter und ich gehörten dazu. Folgende Zeilen hatte Hans notiert:

Gelegt hat sich der starke Wind
und wieder stille wird’s daheime.
Germania, das große Kind
erfreut sich wieder seiner Weihnachtsbäume.
(Heinrich Heine)

Es ist die erste von 14 Strophen aus Heines Gedicht: „Im Oktober 1849“. Man muss das Gedicht im Kontext zur damaligen Zeit verstehen. Die Deutsche Revolution 1848/49 war gerade gescheitert. Wir Deutschen eignen uns nicht für Revolutionen. Es muss schon eine Anweisung von oben kommen. Deshalb liebt der deutsche Michel die GroKo.

Bevor die Besinnlichkeit zu sehr auf unsere Fröhlichkeit drückt, möchte ich das Thema wechseln. Weihnachten ohne Schnee ist wie Weihnachten ohne Schnee. Nämlich schrecklich unromantisch. Angesichts frühlingshafter Temperaturen möchte ich euch deshalb mit einem echten Wintermotiv erfreuen, das ich im Winter 2009/2010 vor dem Hörnumer Leuchtturm aufgenommen habe. Die „Lady in Red“ ist nicht etwa eine Weihnachtsmännin, sondern meine herzallerliebste Gattin, mit der ich am kommenden Samstag 34 Jahre ununterbrochen vertraglich verbunden sein werde.

012Bevor ich’s vergesse: Frohe Weihnachten!

Das alte Lied

„Weißt du noch, weißt du noch, weißt du noch!“, singt Klaus Hoffmann in seinem „Alten Lied“. Wir singen mit und landen im Jahr 1976. Der HSK feierte sein 100-jähriges Bestehen. Zu diesem Anlass gab es ein Großmeisterturnier und eine offene Klubmeisterschaft, an der ich auch teilgenommen habe. Am Ende wurde ich zehnter. Nach gutem Start mit 3,5 aus 4 gab’s eine Klatsche gegen Manfred Heilemann und in der letzten Runde die zweite Null gegen Harry Stern. Das Turnier wurde mit 8 aus 9 Punkten souverän von Manfred Heilemann gewonnen. Zweiter wurde unser damaliges Klubmitglied Claus-Peter Brodhuhn; mittlerweile in Diensten vom SV Laatzen. Dritter wurde Klaus Franke im vermutlich besten Turnier seines Lebens. Damals verdingte er sich noch im HSK. Hier ist die Abschlusstabelle:

1976 HSK Offene Klubmeisterschaft - Abschlusstabelle
1976 HSK Offene Klubmeisterschaft – Abschlusstabelle

P.S. Das ist meine Antwort auf Andreas‘ Kommentar unter „Niedersächsische Landesmeisterschaften 1947-1964“. In Kommentaren lassen sich leider keine Bilder einfügen.

Niedersächsische Landeseinzelmeisterschaften 1947-1964

Vor knapp 50 Jahren wurden die Landesmeisterschaften im Gildehaus zu Lüchow ausgetragen. Damals nannte sich die Veranstaltung noch Osterkongress. Der Kongress fand vom 21. bis 28. März 1964 statt. Landesmeister wurde Dieter Weise vor Manfred Heilemann (beide HSK). Mittlerweile hat Manfred seinen Altersruhesitz in unseren Verein verlegt. Über diese Meisterschaft hat der Schachfreund Kurt Pfaff mit viel Liebe ein Bulletin verfasst. – Wer eine elektrische Schreibmaschine hatte, konnte stolz sein. Meistens wurde mit mechanischen Maschinen geschrieben. Auf einer solchen habe ich auch klassisch (blind!) mit 10 Fingern gelernt. Mit den kleinen Fingern musste man links oder rechts die Shift-Taste drücken. Bei den mechanischen Maschinen hieß das, den Papierträgerwagen mit der Muskelkraft des kleinen Fingers anzuheben. Das war hart. Kopiergeräte gab’s noch nicht, deshalb wurde das Geschriebene meistens auf Matrizen vervielfältigt. Die Anzahl der Abzüge war begrenzt (max. 250), weil die Matrizen nicht mehr hergaben. Einer dieser Abzüge vom Bulletin aus dem Jahre 1964 ist meinem Besitz.

Vermutlich bin ich einer der wenigen, wenn nicht der einzige, der dieses Dokument aufbewahrt hat. Es ist insofern von herausragendem Wert, weil Kurt Pfaff über die Meisterschaft 64 hinaus sämtliche Landesmeisterschaften der Nachkriegszeit von 1947 bis 1964 aufgelistet hat, und zwar jedes Meisterturnier mit allen Teilnehmern und Ergebnissen. 91 Schachspieler haben in den 18 Jahren an den Meisterturnieren teilgenommen. Die meisten sind längst verstorben, so auch Kurt Pfaff. Seine akribische Arbeit schließt mit folgenden Worten:

„Ich habe dies alles niedergeschrieben, damit es eine möglichst weite Verbreitung finde und nicht im Laufe der Zeit in Vergessenheit gerate.“    Kurt Pfaff

Den Gefallen möchte ich ihm hiermit tun. Das Internet ist eine Matrize, die eine unendliche Verbreitung ermöglicht. Erinnerungen fördern das Bewusstsein für die Gegenwart. Dafür sollten wir Menschen wie Kurt Pfaff dankbar sein.

Versemmelt

Es gibt Momente im Leben, die man am liebsten sofort rückgängig machen möchte. Geht leider nicht. Im Schach schon gar nicht. Und so verdarb ich durch einen unglaublichen Fehler meine eigene Partie und den Sieg unserer Mannschaft gegen die Mannen vom HSK/Lister Turm. Nach knapp 5 Stunden Spielzeit hatte ich folgende Stellung auf dem Brett: 

Streich, Gerhard (2170) – Denger, Philipp (2081)

HSK/Lister Turm – SF Hannover (4), 15.12.2013

Stellung nach 59...Kh2-h3
Stellung nach 59…Kh2-h3

60.Sxh6?? Diese „Kombination“ hatte ich seit einigen Zügen vor Augen. Statt elegant ins Remis abzuwickeln, fiel ich anschließend aus allen Wolken. Dabei war das Remis kinderleicht zu erzielen. Ich musste nur zum naheliegenden Zug 60. g5 greifen: 60… Lxg5 61.fxg5 hxg5 62.Sxg7 g4 63.Sf5 nebst Remis. Schwarz kann den Bauern nicht umwandeln. 60…gxh6 61.g5 Lxg5! Das war die Crux. Schwarz schlägt natürlich mit dem Läufer statt mit dem Bauern. Für dieses Versehen ernenne ich mich freiwillig zum Vollpfosten des Monats. 62.fxg5 hxg5 0-1 

Es war meine erste Niederlage seit rund 10 Jahren. Verlieren gehört zum Handwerk. Diese war indessen besonders bitter. Meinem jungen Gegner möchte ich trotzdem ein Kompliment machen. Er hat stark gespielt. Mit der Damenindischen Verteidigung (E15) konnte er schon früh die Partie offen gestalten und mich nach dem Mittelspiel in eine passive Rolle drängen. Das Material war stets ausgeglichen. Bis zu meinem Black-out galt das auch annähernd für die Partie. C’est la vie.

Buzbuchi (2)

Zu Ionut Buzbuchi kann ich ein wenig beitragen. Sein Auftritt Mitte der achtziger Jahre in Hannover war von kurzer Dauer. Deshalb kann ich mich kaum an ihn erinnern. Mit seinem Sieg bei den niedersächsischen Landesmeisterschaften 1984 hat er jedoch eine eindrucksvolle Visitenkarte hinterlassen. Ob er auch Bezirksmeister wurde, weiß ich nicht. Er spielte damals für den HSK. In meinen schier unerschöpflichen Erinnerungsstücken habe ich ein handschriftliches Dokument von ihm gefunden. Er hat mir eine Partie geschickt, die er zuvor im Mannschaftskampf gegen Union Eimsbüttel gewonnen hatte. Zu der Zeit habe ich die Schachecke in der HAZ betreut. Dort habe ich sie veröffentlicht. Das war vor 30 Jahren. Die Partie belegt seine herausragende Spielstärke. Das Turmopfer im 24. Zug hätten sich nur wenige getraut. – Was aus Ionut Buzbuchi geworden ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Hier ist sein Original-Brief an mich mit seinen Anmerkungen. Die Partie könnt ihr in meinem Kommentar nachspielen.

Seite 1, Brief vom 16.01.1984, Ionut Buzbuchi
Seite 1, Brief vom 16.01.1984, Ionut Buzbuchi
Seite 2, Brief vom 16.01.1984, Ionut Buzbuchi
Seite 2, Brief vom 16.01.1984, Ionut Buzbuchi

Anmerkung: Im Kommentar steht fälschlicher Weise 0-1, es muss natürlich 1-0 heißen!

 

Ich bin drin (7)

Im Kommentar zu Arthurs Glanzpartie bei der australischen Jugendmeisterschaft habe ich den Hinweis gegeben, dass es durchaus Vorteile hat, wenn man sich beschwingt ans Schachbrett setzt. Wobei beschwingt keinesfalls mit beschwipst verwechselt werden darf. Solch einen beschwingten Auftritt hatte ich anlässlich des Stadtpokals für 8er-Mannschaften, der Ende der siebziger/Anfang der achtziger Jahre in den Sommermonaten ausgetragen wurde. Ich weiß es noch wie heute. Es war Freitagabend. Wir spielten in unserem damaligen Vereinslokal, dem Raschplatz-Pavillon. Gegner war der Schachverein Linden. Ich spielte gegen Schachfreund Henze (vielleicht weiß jemand, was aus ihm geworden ist). Das Springeropfer im 15. Zug auf f2 war eine Entscheidung binnen weniger Sekunden. Das ist halt so, wenn man sich beschwingt fühlt. Beschwingt ging es weiter, bis Weiß den Druck nicht mehr aushalten konnte. Es wurde eine sehenswerte Partie mit echten Opfern. Dem Schach-Guru Manfred Mädler gefiel sie so gut, dass er sie im STERN veröffentlichte.

Stern
Es war die STERN-Ausgabe Nr. 16 vom 9. April 1981. Das Heft hatte 322 Seiten und kostete 3,00 Mark. Heute kostet ein Heft 3,70 Euro. Soviel zum Thema Geld. Nee, angesichts des Aufmachers „Ist die Bundesliga am Ende?“ muss ich ein wenig hüsteln. Die Bundesliga und die 2. Liga standen mit 74 Millionen Mark in der Kreide. Dafür kaufen sich die Bayern heutzutage einen einzigen Spieler. Karl-Heinz Rummenigge hatte 1980/81 ein Gehalt von 450.000 Mark. Im Jahr wohlgemerkt. Franck Ribéry erhält derzeit 10 Mio. Euro im Jahr. Das sind rund 27.000 € pro Tag. Dafür muss ein Schachprofi lange grübeln. Damit will ich keine Neiddebatte eröffnen, aber ich wette, dass z.B. Schachfreund Ilja Schneider deutlich weniger verdient, wenn er für Wulkaprodersdorf in der österreichischen Bundesliga spielt.

Hier ist die Partie aus dem Original-Stern.

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