Die gute Nachricht vorweg: Manfred Hermann hat unseren Blog gelobt. Die schlechte Nachricht: „Es ist zum Kotzen!“ Uns will in dieser Saison einfach nichts gelingen. Ich mache dabei keine Ausnahme. Wenn du dreißig Züge lang besser und am Ende mit leeren Händen dastehst, fühlst du dich von deinen Endorphinen im Stich gelassen. Oder waren es die bösen Geister? Bevor ich mit denen abrechne, zeige ich euch meine Partie gegen den Schachfreund Bürckner vom SK Union Oldenburg.
Streich, Gerhard (2164) – Bürckner, Hartmut (2158) [A40]
SFH-SK Union Oldenburg, Oberliga Nord (7) 23.02.2014
1.Sf3 g6 2.d4 Lg7 3.c4 e6 Bereits an dieser Stelle endet die Theorie. Ich taufe die Eröffnung auf „Oldenburger Kohl und Pinkel“. 4.Sc3 Se7 5.Lf4 d6 6.Dd2 h6 7.h3 Sd7 8.e4 b6 9.Le2 Lb7 10.0-0 g5 11.Lh2 Sg6 12.Tfd1 g4?!
13.hxg4 Sf6 14.Dc2 [14.d5 Sxg4 15.Lg3 h5 16.dxe6 fxe6 17.c5 bxc5 18.Lb5+ Ke7±; 14.c5 Sxg4 15.Lg3 dxc5 16.dxc5 Dxd2 17.Sxd2 S4e5 18.Sb5±] 14…Sxg4 15.Da4+ Ursprünglich wollte ich Lg3 spielen, wusste aber nicht, was sich nach dem Bauernvorstoß h6-h5-h4 ergibt. Es wäre eine phantastische Variante geworden, wie folgendes Abspiel beweist: [15.Lg3 h5 16.c5 h4 17.Sxh4 Txh4 18.cxd6 cxd6 19.Sb5 Tc8 20.Da4 Kf8 21.Sxd6 Sf4 22.Lxg4 Txg4 23.Lxf4 Txf4 24.Sxb7 De7 25.Dxa7 Txe4 26.Dxb6 Tb8 27.Dc5 Lxd4 (27…Txb7? 28.Dc8+ De8 29.Dxb7+-) 28.Dxe7+ Kxe7 29.Sa5 Tc8+=] 15…Kf8 16.c5 Sxh2 17.Kxh2 Sh4 18.Kg1 Tg8 19.cxd6 [Mit c6 hätte ich Schwarz einschnüren können, aber eine offene Stellung erschien mit chancenreicher. 19.c6 Sxf3+ 20.Lxf3 Lc8 21.e5±] 19…Sxf3+ 20.Lxf3 cxd6 21.Tac1 a6 22.Da3 Lf6 23.Se2 Le7 24.d5 exd5 25.exd5 Tg5
An dieser Stelle fühlte ich mich pudelwohl. Am besten hätte ich meinen Raumvorteil mit 26. Sd4 und der Absicht Sc6 ausbauen können. Dazu hätte ich folgende Variante sehen müssen: [26.Sd4! Lxd5? 27.Lxd5 Txd5 28.Df3 droht Se6+ oder Sc6 28…Txd4 29.Txd4+-] 26.Sg3Tc8 27.b4 [27.Txc8 Lxc8 28.De3] 27…Te5 28.Dd3 Lg5 29.Txc8 Lxc8 30.Dc4?! [30.Dh7 Df6 31.Se4 Df5 32.Dh8+ Ke7 33.a4 Kd7 34.Td4 Ke7 35.Tc4 Ld7 36.Db8 Dg6 37.Dxb6 Txd5 38.Tc7 Te5 39.Dxa6±] 30…Lb7 31.Le4?! Mit der Absicht, meinen Springer auf f5 zu platzieren, doch mit einem Damenschwenk kann Schwarz kontern. [besser 31.Dc2 Kg8 32.Sf5 b5] 31…Dc8! 32.Dd4 [32.Dd3 Dg4] 32…Dg4 33.Dd3? Zum ersten Mal verpasst mir Deep Fritz ein Minuszeichen. Irgendwie habe ich den Faden verloren, aber auch Schwarz findet nicht den stärksten Zug. [33.Tf1 Lxd5 34.Dxb6 Lxe4 35.Dxd6+ Te7 36.Sxe4 Dxe4 37.f4 unklar]
33…Lf4? [Der Läufer gehört auf die andere Seite: 33…Lh4! 34.Lf3 Dxb4 -+] 34.Lf3 Dh4 35.Sf1 Schon bin ich wieder im Plus. 35…Lg5 36.a3 [Oder: 36.Dc3 Ld8 37.Se3 Tg5 38.g3 Lf6 39.Dd2 Ld8 40.Lg2 Dh5=] 36…b5 37.Dh7 Ld8 38.g3? Langsam befinde ich mich auf der Verliererstraße. 38…Df6 39.Kg2 Tf5 40.Sh2? [Rettung versprach: 40.Sd2! Lxd5 41.Lxd5 Txd5 42.Se4 De6 43.Th1÷] 40…h5 41.g4? [41.Td4! Bei knapper Bedenkzeit finde ich in der komplizierten Stellung nicht die stärksten Züge. 41…Lb6 42.Th4 Lxd5 43.Lxd5 Txf2+ (43…Txd5 44.Tf4±) 44.Kh3+-] 41…Tg5 Jetzt stehe ich erstmals richtig auf Verlust. Deep Fritz verpasst mir ein Minus von 2,0. 42.De4 Lb6 43.Td2 Kg8? [43…Kg7-+] 44.Kg3 Te5 45.Dd3 Ld8 46.Te2 hxg4?! [46…Dh4+ 47.Kg2 Lf6 48.Tc2 hxg4 49.Sxg4 Tg5-+] 47.Sxg4 Noch wehre ich mich. 47…Dh4+ 48.Kg2 Txe2 49.Dxe2 Kf8 50.De4 Lc8 51.Df4 [51.Se3 Lh3+ 52.Kg1 Dxe4 53.Lxe4 Lf6-+] 51…Le7 52.Le2 f5 53.f3 Dg5!
Nach dem erzwungenen Damentausch ist das Endspiel für mich verloren. Den Nachweis wollte ich meinem Gegner ersparen. 0-1
Es war eine spannende Partie auf gutem Oberliga-Niveau. Dennoch musste ich am Ende auf beiden Seiten mehr Fragezeichen verteilen, als ich ursprünglich glaubte. Natürlich bin ich über den Partieausgang enttäuscht. Gratulation an meinen Gegner. Er hat nach zweifelhafter Eröffnungsbehandlung seine Chancen genutzt. Ich nicht. Für mich bleibt die Hoffnung, dass sich mein Durchblick erhöht, wenn ich den Arbeitsstress los bin. Derzeit befinde ich mich auf meiner Abschiedstournee. In rund drei Wochen ist Schluss damit. Oh Gott, ich werde Rentner! Sind das nicht die alten Säcke, die man als Jugendlicher nicht ernst genommen hat? – Am späten Samstagabend bin ich von meinem Sylt-Aufenthalt zurückgekehrt. Wie versprochen, habe ich den Nordfriesen beim Austreiben der bösen Geister zugesehen. Es ist zwar makaber, wenn die Strohpuppe (das Petermännchen) in Flammen aufgeht, aber offenbar nutzlos, da böse Schachgeister gegen Feuer immun sind.
Meine Überschrift stammt übrigens aus „Benjamin Blümchen und die Astrofanten“. Zum Nachspielen der Partie guckt ihr in meinen Kommentar.